Musik und Film für Jung und Alt: Das 21st Orchestra zeigte zum Saisonauftakt, wie es unterschiedliche Welten zusammenbringt.
Am Schluss wimmelte es sogar im praktisch vollen Konzertsaal des KKL von den kleinen Viechern, die zuvor auf Grossleinwand ein Pariser Feinschmeckerlokal aufgemischt hatten. «Wie Ratten», raunte ein Kind im Publikum mit Blick auf die unzähligen Hände, die beim begeisterten Schlussapplaus unten im Parkett wendig hin- und herhüpften und -sprangen.
Der Ausspruch führte am Sonntag die Fantasie im Animationsfilm «Ratatouille» weiter. Eine Ratte avanciert in dieser Oscar-gekrönten Pixar-Produktion dank ihrer feinen Nase zum heimlichen Chefkoch. Und macht den schusseligen Hilfskoch zum Star, indem sie ihm – unter der Kochmütze – Anweisungen gibt. Zum Schluss zieht selbst der gefürchtete Gourmet-Kritiker vor der Ratte den Hut und resümiert: Nicht jeder ist zwar ein grosser Künstler, aber grosse Künstler werden überall geboren.
Skurrile Fantasy-Action für Kinder, philosophische Hintergedanken für Erwachsene: Das prädestinierte «Ratatouille» für die Eröffnung der aktuellen Saison des 21st Century Symphony Orchestra. Denn dieses spielt immer wieder live die Musik zu Filmen, die sowohl ein junges wie ein erwachsenes Publikum ansprechen. Und das gilt, wie die zweite Aufführung am Sonntag als Matinee bestätigte, besonders für die «Animationskunst». Mit dieser könne man «jede Geschichte erzählen», sagte «Ratatouille»-Regisseur Brad Bird: sowohl Drama wie Komödie «für ein Erwachsenen- oder ein Kinderpublikum».
Unterschiedliche Welten rückt das Filmmusik-Orchester aber ohnehin zusammen, indem es die Musik zu Kinofilmen aufführt und sie damit in ihrem Eigenwert zur Geltung bringt. Im Fall von «Ratatouille» geht das einen Schritt weiter, weil Michael Giacchino Figuren und Gerüchen mit vielen Stilen und Farben charakterisiert.
Für eine erste Gänsehaut sorgte gleich zum Auftakt die orchestrale Power der Marseillaise und – live gesungen von Gaëlle Méchaly – das Chanson «Le Festin». Komödienszenen trieb Giacchino mit einer Latin-Jazz-Combo an, während er das Drama mit klassischen Orchesterklängen untermalte. Auf die Musik wurde man aber vor allem in intimen Szenen aufmerksam, in denen das Orchester viele solistische Qualitäten zeigte. Dazu gehörte das Cello-Solo zur Einsamkeit der Ratte, die auf der Flucht durch die Pariser Kanalisation von ihrer Familie getrennt wird. Oder die – ansonsten hochvirtuose – Flöte, die das ländliche Idyll beschwört, in das der Chefkritiker durch das Bauerngericht «Ratatouille» entrückt wird.
Aber auch hier zog einen das Filmgeschehen mit Witz und Action so in den Bann, dass man die Musik auch mal vergass. Zum Glück ist bei aufwendigen Animationsfilmen die Liste der Mitwirkenden derart lang, dass die Musik zum Abspann sich zum eigenständigen Konzert ausdehnte. Der herzliche Applaus galt umso mehr dem Orchester und seinem Dirigenten Ludwig Wicki.
Urs Mattenberger
Hinweis
Kurzversionen von Pixar-Animationsfilmen spielt und zeigt das Orchester am 23./24. Januar. Saisonprogramm: www.21co.ch