Der Österreicher Ferdinand Schmalz hat wenig überraschend den Bachmannpreis gewonnen. Die Schweizerin Gianna Molinari wird Vierte.
Ferdinand Schmalz vor John Wray und Eckhart Nickel – die Reihenfolge der besten Drei am Klagenfurter Bachmannwettbewerb war vorauszusehen. Eine Überraschung aber war die Viertplatzierte, die gebürtige Baslerin Gianna Molinari.
Molinaris mit 7500 Euro belohnter Text «Loses Mappe» handelt von einem Nachtwächter mit schwindendem Augenlicht. Er kann seinen Augen nicht mehr trauen, nachdem er einen Mann vom Himmel hat fallen sehen. Es handelte sich dabei um einen Flüchtling, der sich als blinder Passagier im Fahrwerk eines Flugzeugs versteckte, dort erfror und beim Landeanflug aus der sich öffnenden Klappe fiel.
Um das Unfassbare fassen zu können, sammelt der Nachtwächter alles, was er zu dem Fall finden kann, bis zu Polizeifotos, die – eine Premiere in Klagenfurt – im Typoskript abgebildet sind. Der dokumentarische Charakter der Geschichte gefiel der Jury.
Eine gefrorene Leiche stand auch im Mittelpunkt des mit 25000 Euro belohnten Siegerbeitrags «mein lieblingstier heisst winter» des Österreichers Ferdinand Schmalz (bürgerlich Matthias Schweiger): Ein krebskranker Doktor Schauer mit einer Vorliebe für Rehragout hat seinen Suizid beschlossen und bittet den Kühlkostlieferanten, seine gefrorene Leiche später zu entsorgen. Dazu kommt es dann aber nicht. Denn in der Tiefkühltruhe liegt keine Leiche, «kein kalter schauer». Schmalz war bisher vor allem als Dramatiker bekannt, der mit Stücken wie «am beispiel der butter» oder «dosenfleisch» zahlreiche Preise gewann. Auch sein Auftritt in Klagenfurt war theatralisch: mit Hut, Schnauz, Krawatte und Papa-Moll-Bauch.
Den zweiten Rang, für den es den erstmals verliehenen Deutschlandfunk-Preis in Höhe von 12500 Euro gab, belegte John Wray. Der in den USA bekannte Autor hat Wurzeln in Kärnten und ist perfekt bilingue. Sein virtuoser Text «Madrigal» ist seine erste literarische Arbeit auf deutsch, extra geschrieben für Klagenfurt. Auch der Gewinner des mit 10000 Euro dotierten Kelag-Preises, der Deutsche Eckhart Nickel («Hysteria»), war keine Überraschung. Die Österreicherin Karin Peschka, welche den Publikumspreis erhielt, erzählt in «Wiener Kindl», wie nach einer Apokalypse ein verzärteltes Kind lernt, zusammen mit einem Hunderudel zu überleben.
Mit dem Berner Urs Mannhart schaffte es ein zweiter Schweizer Bewerber unter die besten sieben. Sein Text «Ein Bier im Banja» erzählt von Männern in Kirgisistan, die ihre Virilität mit verwegenen Geschichten über ihre Begegnungen mit Wölfen zelebrieren.
Irene Widmer (sda)