LUCERNE FESTIVAL: Spass haben am Spassmachen

Das Duo Igudesman & Joo hatte eine ganze Armee an Musikern mit dabei. Das hat zwar nicht viel mit Klassik zu tun, dafür umso mehr mit Humor.

Michael Graber
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Aleksey Igudesman (vorne, mit Geige) und Richard Hyung-ki Joo (rotes Oberteil) zusammen mit der «League of X-traordinary Musicians» im KKL. (Bild Lucerne Festival/Patrick Hürlimann)

Aleksey Igudesman (vorne, mit Geige) und Richard Hyung-ki Joo (rotes Oberteil) zusammen mit der «League of X-traordinary Musicians» im KKL. (Bild Lucerne Festival/Patrick Hürlimann)

Michael Graber

Zirkus, Comedy, Humor oder Musik? Ja, was sind denn Igudesman & Joo nun? Die böse Antwort: nichts wirklich. Die Nette: von allem etwas. Die beiden Mu­siker Aleksey Igudesman (Geige) und Richard Hyung-ki Joo (Klavier) sind hoch talentierte und bestens ausgebildete Instrumentalisten, die auch über eine gehörige Portion Humor verfügen. Von beidem konnte man sich am Donnerstagabend im KKL überzeugen. Zusammen mit der «League of X-tra­or­di­nary Musicians» (die Liga der aus­ser­gewöhnlichen Musiker), einer Ansamm­lung von 13 weiteren Musikern, führten sie durch kurzweilige zwei Stunden.

Da wurden schon mal Geigenbögen jongliert, mit Rollschuhen über die Bühne gefahren und beim Publikum um Geld gebettelt. Nebenbei verrät Hyung-ki Joo auch noch die drei Geheimnisse, um erfolgreich klassische Musik zu machen: «1. Lache immer. 2. Spiele nur Sachen, die alle kennen. 3. Gebe kräftig an.» Igudesman verkleidet sich auch mal als André Rieu und stolziert wie ein Pfau über die Bühne.

Pädagogische Leistung

Obwohl die Show wirklich nur am Rande etwas mit klassischer Musik zu tun hat, gelingt es Igudesman & Joo, dem Genre seinen elitären Touch etwas zu nehmen. Schon allein durch die Tatsache, dass sie im – übrigens ausverkauften – Konzertsaal des KKL am Lucerne Festival auftreten. Und vor allem schaffen sie einen faszinierenden Zugang in die Welt der Musik. Als sie die Mitglieder der «League of X-traordinary Musicians» vorstellen, erfährt man vieles über die Instrumente und auf wie viele Arten man sie spielen kann. Das ist angesichts der vielen Kinder im Saal fast schon eine pädagogische Leistung.

Vorwissen setzten sie überhaupt nicht voraus. Es ist höchstens dann und wann eine Zugabe, etwa wenn man den «Hummelflug» erkennt. Dann versteht man auch, warum Igudesman gerade jetzt als wild gewordene Biene durch das KKL sprintet, verfolgt von Joo mit Insektenspray. Erkennt man die Melodie nicht, ist es aber trotzdem lustig.

Sie rauben der Musik, die sich von Tango über Salsa bis zur Klassik bewegt, ihren Ernst durch ihre Kostüme, ihre ständige Tanzerei und natürlich auch durch die ganze Lockerheit allgemein. Gerade im ersten Teil rettet diese Grundstimmung auch den positiven Gesamteindruck. Dazu kommt: Die Geschichte ist eher dünn (darüber machen sie sich aber selber lustig).

Die Hektik steht ihnen gut

Richtig auf das Gaspedal treten die Musiker erst nach der Pause. Da wird alles derart übertrieben und auf die Spitze getrieben, dass man kaum mehr aus dem Staunen kommt. Da fühlt man sich wie ein Kind im Süssigkeitenladen. Von überall her Reize, und man weiss gar nicht mehr, wo anfangen mit essen. Diese Rasanz und Hektik tut dem Programm richtig gut. Die leiseren Kontrapunkte dienen als Verschnaufpausen.

Und am Schluss gipfelt alles in einer herrlich absurden Hymne über Uruguay, dort finde nämlich die nächste Mission der «League of X-traordinary Musicians» statt. Was diese im Detail beinhaltet, erfährt man aber natürlich nicht. Warum auch, das wusste man bei der ersten Mission ja schon nicht genau. Haupt­sache, man findet einen Anlass, um einen der Musiker Salti springen zu lassen.

Munteres Wechseln

Jener, der Salti springt, kann aber auch Geige spielen. Sowieso: Da werden munter Instrumente gewechselt. Der Perkussionist sitzt auch mal am Flügel, und am Schlagzeug herrscht auch munteres Wechseln. Das ist vielleicht das Erstaunlichste an diesem Abend: Das sind fantastische Musiker, die Spass daran haben, Spass zu machen. Das geht nur dann, wenn man sich selber nicht zu ernst nimmt, und das ist alles andere als selbstverständlich.

Schön, dass bei aller Ernsthaftigkeit, die das Lucerne Festival auch mit dem Festivalmotto «Humor» behielt, ein solcher Auftritt möglich war.