Mit Open-Air-Konzerten internationaler Nachwuchskünstlerinnen ist am Freitagabend in Luzern das 23. Blue Balls Festival eröffnet worden. Soul- und Folkklänge sowie dutzende Imbissstände brachten bei schwüler Hitze Tausende Besucher in Festlaune.
Den musikalischen Auftakt kurz nach 18 Uhr bestritt das englische Frauen-Duo Ider mit coolen Folksounds auf der Freiluftbühne vor dem KKL. Gegenüber auf der anderen Seeseite eröffnete die britische Sängerin JJ Rosa beim Pavillon mit Soulstimme und Funkmusik das Festival.
Höhepunkt am Eröffnungsabend ist das ausverkaufte Konzert im KKL des britischen Singer-Songwriters James Bay. Der 24-jährige Langhaarbarde mit feiner Stimme und Schlapphut ist Aushängeschild des diesjährigen Festivals. Der Senkrechtstarter, der unter anderem den Hit «Hold Back the River» im Repertoire hat, gibt in Luzern sein erstes Schweizer Konzert.
An den neun Festivaltagen stehen insgesamt 120 Events auf dem Programm. 70 Prozent davon entfallen auf Pop-, Blues-, Rock-, Soul-, Funk- und World-Musik. Der Rest sind Talkshows, Foto-, Video- und Filmvorführungen sowie Kunsthappenings. Erwartet werden gegen 100'000 Besucher.
Während der Organisator für die frei zugänglichen Konzerte von den Besuchern den Kauf eines Festival-Pins erwartet, erhalten zu den grösseren Konzerten im KKL nur Fans Zutritt, die sich vorher eine Karte gesichert haben. Zahlreiche Shows sind ausverkauft.
Auch dieses Jahr stehen Nachwuchskünstler mit internationalem Renommee sowie gestandene Musikgrössen auf dem Programm. Zu diesen zählen etwa Mando Diao, Jamie Cullum und David Gray.
Daneben kommen verschiedene Blue-Balls-Rückkehrer abermals zu Auftritten in Luzern. Die quirlige Pariserin ZAZ arrangiert ihre Songs diesmal mit einer Big Band und Musikern der Hochschule Luzern. Mit neuen Songs kommen auch Sophie Hunger, Damien Rice und die Söhne Mannheims zurück.
HINWEIS: Alle Infos zum Festival auf www.blueballs.ch
Blue-Balls- Nächte sind lang, besonders im Hotel Schweizerhof. Es ist eng, heiss und stickig. Wunderbar zu solchen Nächten passen die Boogie Beasts (23 bis 4 Uhr). Die Belgier machen kantigen Garagen- Rock mit bluesigen Anleihen, der stampft, bis die Wände zittern. Sie werden die Temperatur im Zeugheer-Saal um geschätzte 10 Grad höherschrauben.
Stimmen die Wetterprognosen, so könnte es am Sonntag gewittrig werden. Eine gute Gelegenheit, ins KKL zu flüchten. Dort läuft täglich um 22 Uhr im Auditorium der Film «Pulp – A Film about Life, Death & Supermarkets». Darin wird die grandiose Band Pulp um Jarvis Cocker bei ihrem letzten Konzert in ihrer Heimatstadt Sheffield begleitet. Der Trailer verspricht grosses Kino.
Luzerner Musiker sind am internatio nalen Blue Balls eher die Ausnahme. Schön, wenn es doch mal wer schafft. Heuer unter anderen Damian Lynn. Der Krienser ist derzeit mit seinem gefühlsvollen Einmannpop auch in den Charts vertreten. Fürs KKL hats noch nicht gereicht, aber immerhin für den Vorplatz. Dort spielt Lynn von 18 bis 22 Uhr mehrere Sets.
Bereits letztes Jahr hat sich der Pavillon zur Bühne für die Entdeckungen gemausert. Hier spielen gefeierte Bands, die einer grösseren Masse (noch) unbekannt sind. Hiatus Kaiyote (20 Uhr) ist eine, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Die Australier fordern viel Aufmerksamkeit mit ihrem jazzigen Soul. Die Musikgrössen Erykah Badu und Pharrel sind bereits Fans
Was man mit dem Mund neben Singen noch alles Sinnvolles machen kann, zeigen Heymoonshaker (Pavillon, 20 Uhr). Die beiden Engländer kombinieren Blues mit Beatbox. Gitarre trifft scharfe Beats, die mit dem Mund erzeugt werden. Der Mix funktioniert, und es ist erstaunlich, was die Londoner ihrem Mund alles entlocken können. Ein richtiges Schlagzeug vermisst man nie.
Seit mehr als einem Jahr in der Hitparade, zahlreiche Festivalauftritte und mehrere Swiss Music Awards: Lo & Leduc sind die Senkrechtstarter der Schweizer Musikszene. Die Berner sind mit Liveband ein echtes Ereignis und werden für einen Grossaufmarsch rund um den Pavillon sorgen. Sie spielen um 20 Uhr. Um 18 Uhr spielt Lokalmatador Mimiks. Eine perfekte Kombination.
Musik ist nicht alles. Am Blue Balls gibts auch Kunst. Jeden Abend entstehen beim Pavillon und vor dem KKL nach den Konzerten Bilder. Man kann miterleben, wie sich die Leinwand nach und nach füllt und sich das Bild immer mehr herauskristallisiert. Am Freitag malen Dome beim KKL und Michael Risch beim Pavillon. Sie starten um 22.15 Uhr wie an den anderen Tagen.
Beine und Kopf werden langsam müde: Das Blue Balls geht nicht spurlos an einem vorbei. Einen passenden Abschluss bieten JJ Grey and Mofro (Pavillon, 20 Uhr). Mit einer gehörigen Portion Soul, Blues und Rock kann die Band einlullen und plötzlich wieder Dampf machen. Nach dem letzten Ton freut man sich schon fast automatisch auf das nächste Blue Balls.
mg/sda/rem