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Kultur
Mit «Romantik pur» meldet sich das Luzerner Sinfonieorchester mit einem Livestream zurück. Intendant Numa Bischof sagt, wieso dieser Dank an die Öffentlichkeit und das eigene Publikum hoffentlich ein Einzelfall bleibt. Unter anderem deshalb, weil das Orchester rasch aktiv werden kann, sobald es wieder erlaubt ist.
Trotz Lockdown konnten wir nicht leicht einen gemeinsamen Telefontermin finden. Womit haben Sie zu tun, jetzt wo die Kultur noch mindestens bis Ende März stillsteht?
Numa Bischof: Etwas vom Wichtigsten in der gegenwärtigen Situation ist die Kommunikation und Information. Unsere Partner, die Musiker, Dirigenten und Solisten sowie unser Publikum benötigen ein fortlaufendes Update. Das gilt auch jetzt, wo der jüngste Bundesratsentscheid keine Dynamik im Kulturbereich zulässt. Aktuell sind wir zudem sehr mit unserem Streaming-Projekt von kommenden Donnerstag beschäftigt: Nach langer Zeit erarbeiten wir dafür wieder physisch ein Programm, um es digital möglichst breit zu verströmen.
Der designierte Chefdirigent Michael Sanderling dirigiert «Romantik pur». Wieso streamen Sie nicht die regulär geplante «Surprise für James Gaffigan»?
Für das Programm mussten wir einige Rochaden vornehmen, in denen sich die Konsequenzen der Pandemie widerspiegeln. So konnten weder Chefdirigent James Gaffigan noch der Solist Daniil Trifonov anreisen. Als Solistin im Violinkonzert von Max Bruch haben wir die Geigerin María Dueñas eingeladen, weil das Neujahrskonzert mit ihr abgesagt werden musste. So können wir unsere Verantwortung für junge Künstler dennoch wahrnehmen. Die 18-jährige Geigerin hat den 1. Preis der renommierten «Carnegie Hall Competition» gewonnen und ist jetzt darauf angewiesen, möglichst viel spielen zu können.
Und Michael Sanderling wächst coronabedingt früher als geplant in seine Chefrolle hinein?
Nein, dafür steht dieser Auftritt keineswegs. Er springt einfach aus kollegialen Gründen ein, weil James Gaffigan verhindert ist. Im Gegenzug wird James Gaffigan Ende März die Konzertwoche von Michael Sanderling übernehmen und ein «Beethoven-Programm» dirigieren.
Andere Orchester bieten regelmässig Streams an, für die Nichtabonnenten zahlen müssen. Wieso streamen Sie kostenlos, dafür einmalig?
Wir haben mit Martha Argerich bereits ein Konzert exklusiv für Abonnenten gestreamt. Aber das Luzerner Sinfonieorchester hat im Coronajahr sehr viel Unterstützung erhalten – in Form von Kurzarbeit von der öffentlichen Hand, Corona-Ausfallentschädigungen und durch die Solidarität unseres Publikums und unserer Abonnenten. Dass viele von ihnen auf eine Rückerstattung verzichten, ist ebenfalls eine fantastische Unterstützung. Der kostenlose Livestream ist auch ein Dank an die Öffentlichkeit für diese breite Unterstützung.
Weniger Kurzarbeit und dafür mehr zu streamen war keine Option?
Wir gehen davon aus, dass die Streaming-Projekte, die jetzt überall in hoher Zahl angeboten werden, die beste Wirkung erzielen, wenn wir selektiv bleiben. Zudem wären regelmässige Streams mit den Beiträgen, die man dafür verlangen könnte, nicht finanzierbar. Der aktuelle Stream soll helfen, die Zeit bis zu den von allen sehnsüchtig erwarteten Livekonzerten zu überbrücken: Für das Orchester, indem es wieder einmal aktiv werden kann. Und für das Publikum, das sein Orchester nicht nur hören, sondern auch die ihm vertrauten Gesichter sehen kann.
Wie sieht Ihr erwähntes Update für den erwarteten Neustart im April aus?
Es hat zwar keinen Sinn, bereits Termine zu konkretisieren, die man später allenfalls doch wieder absagen muss. Insofern brauchen wir eine gewisse Vorlaufzeit. Aber wenn es wieder erlaubt ist, werden wir sehr rasch aktiv werden, mit mindestens 50 Personen mit unseren «Blind Dates» und Solidaritätskonzerten im Orchesterhaus und, wenn mehr Zuschauer zugelassen sind, auch im KKL.
Diese Saison war, mit Mahlers sechster Sinfonie zum Abschluss, als Feuerwerk für den Abschied James Gaffigans geplant. Wie weit kann dieser noch stattfinden?
Falls Mahlers sechste nicht möglich sein sollte, haben wir Ideen, wie wir James Gaffigan verabschieden könnten. Aber erstmals ist wohl nicht relevant, was auf dem Programm steht. Jetzt hat für alle eine existenzielle Dringlichkeit, dass wir überhaupt wieder vor Publikum spielen dürfen.
Livestream aus dem Orchesterhaus, Werke von Beethoven (Coriolan), Bruch (Violinkonzert) und Schumann (vierte Sinfonie): Donnerstag, 4. März, 19.30; www.sinfonieorchester.ch.