Unter den neuen Coronaregeln wird Kammermusik Trumpf: Den Anfang macht das Stradivari-Fest vom 6. bis 8. November auf der Rigi – vor jeweils 30 Besuchern.
Die neuen Coronaregeln haben mit der Beschränkung auf 50 Besucher auf dem Veranstaltungsmarkt eine neue Situation geschaffen. Zuvor hatten Veranstalter in grossen, modern belüfteten Sälen wie im KKL Vorteile auf ihrer Seite. Anderseits wurden Kammermusikveranstaltungen abgesagt, weil sich die Intimität kleiner Räume schlecht mit dem Coronavirus vertrug.
Jetzt ist es umgekehrt: Auch im Klassikbereich sind Kleinveranstaltungen und damit Kammermusik Trumpf. Das führt zu Verschiebungen in der Musik selber. Einerseits waren Streichquartette seit dem 18. Jahrhundert ein kühnes Experimentierfeld für Komponisten und standen für höchsten Kunstanspruch; anderseits wurde Kammermusik für die Salons geschrieben und diente da auch süffig der Geselligkeit.
Exemplarisch zeigt sich das am ersten Kammermusikfestival unter den neuen Coronabedingungen: dem Stradivari-Fest, das das Stradivari Quartett auf der Rigi zum dritten Mal durchführt (6. bis 8. November). Hier kommt ein weiterer Trumpf vieler Kleinfestivals zum Zug – die Verbindung zur Natur. So bietet das Stradivari-Fest an allen Standorten, durch die es tourt, Kulturreisen an, zu denen auf der Rigi gemeinsame Wanderungen gehören. Und auch die Konzert-Titel – wie «Kaminfeuer-» oder «Sonnenuntergangskonzert» – suggerieren Nähe zur Natur.
Wo würde Maja Weber, Cellistin des Stradivari Quartetts und Initiantin des Festivals, dieses zwischen Kunstanspruch und Salonmusik einordnen? «Das müssen zum Glück keine Gegensätze sein», lacht sie und nennt als Beispiel die Matinee am Sonntag: «Schuberts Streichquartett ‹Der Tod und das Mädchen› und das Streichquartett von Verdi stehen für höchsten Kunstanspruch. Aber es sind auch beliebte Perlen des Repertoires und insofern so populär wie Salonmusik.»
«Überall, wo wir unser Stradivari-Fest durchführen, merken wir, dass das Publikum emotional ausgehungert ist», sagt die Cellistin: «Deshalb haben wir stärker als sonst Publikumslieblinge aufs Programm gesetzt.» So spielt sie mit dem Pianisten Oliver Triendl von Beethoven «die schönste, oder jedenfalls beliebteste Cello-Sonate», jene in A-Dur, sowie die Cello-Sonate von Chopin, «die direkt ins Herz geht». Am Samstag ist zwar das Klavierquintett des Schweizer Romantikers Hans Huber keine Salonmusik, «aber doch leichter zu hören» als Schumanns Klavierquintett im selben Programm.
Wie lassen sich solche Konzerte mit nur 30 Besuchern (gemäss den Coronabestimmungen im Kanton Schwyz) finanzieren? «Bei uns bekommen alle Musiker eine übliche Kammermusikgage», stellt Weber klar: «Aber Kammermusik lässt sich ohnehin nicht nur über Ticketeinnahmen finanzieren: «Bei uns machen sie rund einen Drittel der Einnahmen aus, den Rest steuern Gönner und Stiftungen sowie die Querfinanzierung über die Kulturreisen bei, die mit den Festivals verbunden sind.»
Die Säle des Rigi-Kulm-Hotels – ein alter und ein moderner Saal mit prächtiger Aussicht auf die Berge – bieten überraschend gute Voraussetzungen für ein Coronasetting: Beide Säle lassen sich verbinden und böten dann Platz für 160 Besucher. Da lassen sich bei 30 Besuchern die Stühle mit grosszügigen Abständen platzieren, «ohne dass die Intimität verloren geht». Trotzdem gibt es für alle Konzerte noch Karten: «Wenn wir zu viele Anmeldungen erhalten, können wir einzelne Konzerte auch doppelt führen», sagt Weber und beweist eine Flexibilität, die nur in der Kammermusik möglich ist.
Alle Konzerte im Hotel Rigi Kulm: Freitag, 6. November, 18.00: Cellosonaten (Beethoven, Chopin); Samstag, 7. November, 17.00: Klavierquintette (Hans Huber, Schumann); Sonntag, 8. November, 11.00: Streichquartette (Verdi, Schubert); Alle weiteren Informationen finden Sie unter www.stradivarifest.com.