Im Eröffnungskonzert des vierten Stradivari-Festes erlebten die vielen Zuhörer eindrucksvolle Interpretationen. Mit Rachmaninov und Schubert wurden selbst kleine Kinder verzaubert.
Zum vierten Mal lockt das Stradivari-Fest Gersau viele Gäste aus Nah und Fern an den Vierwaldstättersee, um feinste Kammermusik an verschiedenen Orten zu erleben. Dieses Jahr findet das Eröffnungskonzert schon am Donnerstagabend statt, der Mythensaal im Hotel Waldstätterhof Brunnen ist fast ausverkauft.
Und wie der Grosser und der Kleiner Mythen hoch über Brunnen aufragen, mit felsigen Abgründen über lichten Matten einen höchst abwechslungsreichen Anblick bieten, so vielfältig ist die Musik, die im «Mythenkonzert» erklingt. Die Cellistin Maja Weber, die das Stradivari-Fest vor vier Jahren rund um das schon lange bestehende Jahreskonzert der Stiftung Habisreutinger ins Leben gerufen hat, spielt mit ihrem Duo-Partner Per Lundberg die Sonate in g-Moll op. 19 von Sergej Rachmaninov. Der Komponist widmete diese Sonate seinem Psychiater, der auch Cello spielte, zum Dank dafür, dass der ihn mit Hypnose aus einer tiefen Depression holte, in die er nach dem allgemeinen Verriss seiner ersten Sinfonie gefallen war. Und was Rachmaninov an Ideen in dieser Sonate verarbeitete, wird von Maja Weber und Per Lundberg voller Intensität und Leidenschaft gestaltet.
Die immensen Schwierigkeiten der Klavierbegleitung meistert der schwedische Pianist mit Bravour, auch in heftigsten Akkorden lässt er dem Stradivari-Cello den Vortritt. Maja Weber entlockt ihrem Cello, von dem sie sagt, es habe keine Grenzen, ein Klangspektrum von gesanglicher Melodik bis zu kraftvoller Vehemenz. Wie kleine Geschichten zaubert sie schier unendliche Klangfarben im 1. Satz über den Klangkaskaden im Klavier.
Im Allegro scherzando mit dem fast diabolischen Thema aus sechs absteigenden, punktierten Tönen, das immer wieder auftaucht, entwickeln die beiden Künstler kontrastreiche Dialoge. Romantisch sehnsuchtsvoll lässt Maja Weber ihr Cello im Andante über den impressionistischen Wellenbewegungen des Klaviers tönen, und Anklänge daran finden sich im Allegro mosso wieder, bis sich die Intensität stürmisch steigert, um nach kurzem Abgesang in fulminantem Fortissimo zu enden. Der Beifall ist entsprechend enthusiastisch.
Vor dem Klaviertrio B-Dur von Franz Schubert hält Violinist Xiaoming Wang eine Ansprache in Chinesisch über das Stradivari-Fest. Im Publikum sitzen viele Musikerfamilien aus China, die mit ihren begabten Kindern zum Stradivari-Fest gekommen sind.
Das Stradivari Quartett befasst sich dieses Jahr besonders mit Schubert, was im Trio deutlich zu spüren war. Xiaoming Wang und Maja Weber reizen die Möglichkeiten der Stradivari-Instrumente fantastisch aus, Per Lundbergs filigranes Spiel fügt sich nahtlos in die vielfältigen Klänge ein. Der samtgoldene Ton, mit dem Wang selbst höchste Töne weich klingen lässt, das Strömen zusammen mit dem Cello, die feinen Linien und Modulationen gelingen bestechend. Dem Melodienreichtum Schuberts wird intensiv nachgespürt, selbst die kleineren Kinder lauschen atemlos.
Das Unisono der Streicher, die filigranen Klavierläufe, die Intensität in Schuberts Sehnsucht und Dramatik, klangvolles Staccato, duftige Leichtigkeit, das alles ist ungemein stimmig. Und wie sich aus gespenstischem Klang und dramatischen Ausbrüchen im Rondo Lieblichkeit und Leichtigkeit entfaltet, ist spannend und bezaubernd zugleich.
Das Konzert vom Samstag ist ausverkauft, für das Stradivari Quartett am Sonntag um 12 Uhr auf dem Rütli gibt es noch Karten. Infos: www.rigi.ch.