Erstmals wurde ein schwarzer Regisseur für den besten Film geehrt, erstmals ein Lateinamerikaner für die beste Regie. Aber es gab auch zwei grosse Verlierer.
Den ganz grossen Siegerfilm hat die Oscar-Nacht nicht hervorgebracht. Aber es war auch nicht die Giesskanne wie 2013, als kein Film mehr als einen Preis in den Hauptkategorien geholt hatte.
Politisch sehr korrekt, aber auch verdientermassen gewann das ebenso brutale wie berührende Drama «12 Years a Slave» den Preis für den besten Film: Es ist der erste Film eines schwarzen Filmemachers, der mit dem wichtigsten Oscar ausgezeichnet wurde.
Entsprechend emotional reagierte Regisseur Steve McQueen. Der 44-jährige Brite (eine bemerkenswerte Herkunft angesichts seines sehr amerikanischen Films) erinnerte daran, dass heute noch weltweit rund 20 Millionen Menschen in Sklaverei leben. Der zweifache Vater, der in London und Amsterdam lebt, hatte 2008 in Cannes für «Hunger» über einen Häftling im Hungerstreik den Newcomerpreis gewonnen. Und 2011 mit «Shame» über einen Sexsüchtigen wieder für Aufsehen gesorgt.
Der Erfolg von «12 Years a Slave», den Brad Pitt als Produzent mitverantwortet, wurde abgerundet durch den Nebendarstellerinnen-Oscar für die Kenianerin Lupita Nyong’o. Und einen dritten Oscar holte man für das beste adaptierte Drehbuch, eine oft etwas unterschätzte Kategorie. Denn am Anfang eines grossen Films steht meistens ein starkes Skript.
Für die zweite Premiere sorgte Alfonso Cuarón, der für sein Weltraumdrama «Gravity» als erster Lateinamerikaner den Regie-Oscar erhielt. Mit sieben Goldmännchen war «Gravity» rein zahlenmässig der Gewinner des Abends. Wobei mehrere Auszeichnungen auf technische Kategorien entfielen, wo die Konkurrenz dieses Jahr überschaubar war.
Bei den Hauptdarstellerinnen ging «Gravity» mit Sandra Bullock leer aus, Cate Blanchett war nicht zu schlagen. Und so kam trotz der kürzlichen Missbrauchsvorwürfe Woody Allen für seinen Film «Blue Jasmine» indirekt zu Oscar-Ehren. Auch wenn Blanchetts Dank an ihn etwas zurückhaltend schien.
Dass bei den Hauptdarstellern Matthew McConaughey für «Dallas Buyers Club» gewinnen würde, überraschte niemanden. Nicht nur wegen der 20 Kilogramm, die er für die Rolle eines Aidskranken abgenommen hatte, galt er als haushoher Favorit. Und dass davor sein Co-Star Jared Leto etwa gegen Michael Fassbender («12 Years a Slave») den Nebendarstellerpreis geholt hatte, lag ebenfalls im Rahmen der Erwartungen. Entsprechend gehörte «Dallas Buyers Club» zu den Siegern des Abends.
Auch Leto sorgte auf der Bühne für viel Emotionen, als er sich nicht nur an seine Mutter wandte («Danke, dass du mir das Träumen beigebracht hast»), sondern auch den von politischen Umwälzungen betroffenen Menschen in der Ukraine und in Venezuela Mut zusprach.
Mit den Darsteller-Oscars wurde auch klar, wer die Verlierer des Abends waren: Die Gaunerkomödie «American Hustle» war zehnfach nominiert, darunter in allen Schauspieler-Kategorien, und ging trotzdem leer aus. Ebenso fallierte Martin Scorseses Satire «The Wolf of Wall Street». Kritik am US-Kapitalismus hatte dieses Jahr also keine Konjunktur.
Mit dem Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film setzte «La Grande Bellezza» von Paolo Sorrentino die Erfolgsgeschichte Italiens fort: Dieser Preis ging bereits zum elften Mal an unseren südlichen Nachbarn.
Outfits are. Angeblich soll die Oscar-Nacht jeweils auch modische Trends aufzeigen. Doch ob etwa Cate Blanchetts fantastisches Armani-Kleid etwas für die Normalverbraucherin ist, darf bezweifelt werden. Sie gewann nicht nur den Oscar, sondern gehörte auch zu den Siegerinnen auf dem roten Teppich. Dort gab es viel Schönes zu sehen, Charlize Theron etwa oder Kate Hudson, der mutmasslich am meisten fotografierte Star des Abends.
Wie üblich, blieben auch Geschmacksverirrungen nicht aus. Die seitlichen Känguruhbeutel und vor allem die am Rücken hängende Kette von Jennifer Lawrence werden sich wohl kaum durchsetzen. Und der Reitrock von Meryl Streep ebenso wenig. Gewonnen haben dann übrigens beide nicht.
Apropos gewonnen: Bei den Männern sah es ganz nach dem üblichen dunklen Smoking mit schwarzer Fliege aus. Dann kam Jared Leto und trug zu wallendem Haar einen eierschalenfarbenen Smoking mit roter Fliege. Dieselbe Smokingfarbe wagte auch Matthew McConaughey. Und prompt holten beide den Oscar.