Porträt
Star-Schauspieler Carlos Leal dreht in Brunnen: «Ich versuche den Mond einzufangen»

Nach einer grossen Hollywood-Produktion dreht Schauspieler Carlos Leal am Vierwaldstättersee den spanisch-schweizerischen Film «El color del cielo». Eine Begegnung mit dem Pendler zwischen amerikanischer und europäischer Kultur.

Marlène von Arx
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Carlos Leal auf dem Set am Vierwaldstättersee zum Film «El color del cielo».
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Carlos Leal auf dem Set am Vierwaldstättersee zum Film «El color del cielo».
Carlos Leal auf dem Set am Vierwaldstättersee zum Film «El color del cielo».

Carlos Leal auf dem Set am Vierwaldstättersee zum Film «El color del cielo».

Dlc Studios / Aargauer Zeitung

Es ist erst Morgen, aber in der Bar des Waldstätterhofs in Brunnen herrscht schon reger Betrieb. Der spanische Filmemacher Joan Marc Zapata dreht hier «El color del cielo». Heute mitten drin: Carlos Leal. Der Westschweizer Schauspieler mit Wahlheimat USA ist auf Kurzvisite in der Schweiz und hat eine Nebenrolle in der spanisch-schweizerischen Koproduktion übernommen. «Ich spiele den Philosophen Christoph, der seinen langjährigen Freund und Kollegen Tristan an eine Konferenz in der Schweiz einlädt», erklärt er nach der Szene, in der sich die beiden Männer über Richard Wagner unterhalten.

Leal mag die künstlerischen Filme in Europa

Tristan trifft im Hotel eine verflossene Liebe wieder und die Begegnung wirft grosse Lebensfragen auf. Das Drehbuch ist an «Tristan und Isolde» angelehnt. «Es ist ein entzückender, leicht intellektueller Film», meint Leal. «Was ich heute hier gedreht habe, ist besser als das meiste, was man in L.A. zu tun bekommt. Das ist Kino! Ich werde nie aufhören, Filme in Europa zu machen, denn hier machen sie künstlerisch die Filme, die ich gerne mag.»

Der Waadtländer kann sich derzeit auf beiden Seiten des Atlantiks nicht über Mangel an Arbeit beklagen: Er kam gerade aus Malta eingeflogen, wo er die vor der Pandemie begonnene deutsche Serie «Blackout» mit Moritz Bleibtreu endlich abdrehen konnte. Und zuvor stand er in Los Angeles mit Mark Wahlberg in «Stu» vor der Kamera. Während in Brunnen die Coronaschutzmassnahmen relativ locker neben dem Drehalltag hergehen, sind die Regeln bei Hollywood-Filmen streng: «Man wird jeden Morgen getestet und wartet fast eine Stunde auf ein SMS, das einem das Okay zum Arbeiten gibt.»

Carlos Leal lebt seit elf Jahren mit seiner Frau Jo und den beiden Kindern in Los Angeles und hat einige Gastrollen in amerikanischen Fernseh-Serien gespielt. Derzeit ist er beispielsweise als Vater einer der Hauptdarstellerinnen im Neustart der LGBTQ-Serie «The L Word: Generation Q» zu sehen. Die Show mit Jennifer Beals sieht er als Visitenkarte: «Bei einer vom Sender Showtime produzierten aktuellen Serie mit dabei zu sein, hilft meinem Agenten sicher indirekt, mich für Castings anmelden zu können.»

«Ich versuche, den Mond einzufangen»

Der ganz gross einschlagende Part in einem Hollywood-Film lässt indes noch auf sich warten. «Ich versuche, den Mond einzufangen», umschreibt Leal den harten Konkurrenzkampf um Rollen in Hollywood. Dass der Romand regelmässig mit Top-Namen arbeiten kann, ist aber bereits ein grosser Erfolg – auch wenn er es selber nicht immer so sieht: «Ich habe aufgehört, von einem perfekten Weg zu träumen. Auf dem Papier sieht alles gut aus und man denkt, das ist jetzt das Projekt, das einem in die nächste Kategorie hebt. Aber dann kommt der Film raus und es war wieder nichts.»

So geschehen im letzten Jahr mit der Romanverfilmung von Joan Didions «The Last Thing He Wanted»: Carlos Leal spielte eine wichtige Rolle im Thriller von Dee Rees, deren Film «Mudbound» 2018 für vier Oscars nominiert war. Bei der Didion-Verfilmung mit Anne Hathaway und Ben Affleck lief aber offenbar etwas schief. Der wirre Abenteuerfilm um einen Waffendeal in Zentralamerika versandete nach der Premiere in Sundance komplett.

Der deutsche Trailer zu «The Last Thing He Wanted».

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Fachsimpeln über Hip-Hop mit Mark Wahlberg

Vor zwei Jahren durfte er mit Al Pacino eine Gerichtsszene im Weltkriegsdrama «American Traitor: The Trial of Axis Sally» drehen. «Mit deutschem Akzent!», lacht der Romand. Grosse Erwartungen hat er nicht an den Film. Die Kritiker waren nicht begeistert. Aber mit Al Pacino zu drehen? Welcher Schauspieler träumt nicht davon? Vielleicht ist «Stu» an der Seite von Mark Wahlberg nun der Quantensprung: Die Geschichte basiert auf dem Leben von Stuart Long, der zuerst Boxer war, dann Schauspieler und schliesslich Gott fand und Priester wurde. Wahlberg spielt Long, Mel Gibson seinen Vater und Carlos Leal einen Priester. «Stuart verliebt sich in eine junge Mexikanerin, die in meine Kirche geht. Um sie zu erobern, muss er zuerst mich überzeugen.»

Wahlberg und Gibson sind konservative Katholiken, aber die junge Filmemacherin Rosalind Ross hat Leal versichert, dass der Film auch kritisches Denken beinhalte. Mit Mark Wahlberg, der auch produziert, verstand sich der Lausanner jedenfalls gut: «Er ist sehr bodenständig und behandelt alle gleich. Einmal hat er mich mit zwei anderen Schauspielern zum Lunch eingeladen. Das artete in Fachsimpeln über Filme und über Hip-Hop aus», so der Sens Unik-Sänger, «denn als er noch als Marky Mark auftrat, begann ich ja gerade meine Rap-Karriere.»

Carlos Leal singt in den Strassen von Winterthur.

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Der Musiker und Schauspieler hat inzwischen auch noch eine weitere Kunst für sich entdeckt: die Fotografie. Zu diesem Thema gibt er sich allerdings geheimnisvoll: Er habe erst angefangen, sein Konzept zu entwickeln, um sich von anderen Fotografen abzuheben. Eine Einladung aus der Schweiz, seine Arbeiten öffentlich zu zeigen, hat er bereits. Aber ob er den Termin wahrnehmen kann, steht noch in den Sternen. Denn vielleicht fängt er ja mit dem nächsten Film den Mond ein.