RIEHEN BS: Fondation Beyeler – Aufbruch in die Moderne

«Der Blaue Reiter» steht exemplarisch für einen zentralen Aspekt in der Entwicklung der modernen Kunst. Die Fondation Beyeler widmet ihm eine farbenprächtige Ausstellung.

Walter Labhart, Sfd
Drucken
Zwei wegweisende Werke: Wassily Kandinskys «Komposition VII» und ... (Bild: PD/Galerie nationale Tretiakov/Städel Museum)

Zwei wegweisende Werke: Wassily Kandinskys «Komposition VII» und ... (Bild: PD/Galerie nationale Tretiakov/Städel Museum)

Mit drei revolutionären Kunstprojekten schlugen in München kurz vor dem Ersten Weltkrieg die Maler Wassily Kandinsky und Franz Marc eines der spannendsten Kapitel des Expressionismus auf. Ihre Ideen setzten sie unter dem bildhaften und progressiven Namen «Der Blaue Reiter» in zwei legendären Ausstellungen in München und einem Almanach von epochaler Bedeutung durch.

Im Unterschied zu der 1905 in Dresden um Ernst Ludwig Kirchner versammelten expressionistischen Künstlergemeinschaft «Die Brücke» war «Der Blaue Reiter» also weder ein Zusammenschluss von gleichgesinnten Künstlern noch eine Bewegung. Wie der Begriff entstand, hielt Kandinsky rückblickend auf einen Besuch bei Marc in Oberbayern fest: «Den Namen ‹Der Blaue Reiter› erfanden wir am Kaffeetisch in der Gartenlaube in Sindelsdorf; beide liebten wir Blau, Marc – Pferde, ich – Reiter. So kam der Name von selbst.»

Farbintensiver Rückblick

Mit rund 70 Kunstwerken und 20 weiteren Exponaten ruft die Fondation Be­yeler in Riehen jenen Aufbruch in die Moderne mit betörender Farbenpracht mit der Ausstellung «Kandinsky, Marc & Der Blaue Reiter» in Erinnerung. Dank ungemischten Farben erzielten die Maler, die vor allem von den Landschaften und der Volkskunst des touristisch als «Blaues Land» vermarkteten Gegend von Murnau am Staffelsee inspiriert wurden, eine intensive Leuchtkraft, die sich nur mit den französischen Fauvisten vergleichen lässt.

Die von Ulf Küster mit faszinierenden Gegenüberstellungen brillant kuratierte Schau konzentriert sich auf Kandinsky (150. Geburtstag), der sich in sogenannten Kompositionen und Improvisationen besonders um Synästhesie und Abstraktion bemühte, Marc (100. Todestag), August Macke, Gabriele Münter und befreundete Maler wie Alexej von Jawlensky und Heinrich Campendonk.

Der 1912 erstmals veröffentlichte Alma­nach «Der Blaue Reiter» setzt sich aus Beiträgen von Malern (Kandinsky, Macke, Marc, Burljuk), Komponisten (Alban Berg, Arnold Schönberg, Anton Webern) und aus kunsttheoretischen Essays zusammen. Angestrebt wurde eine Vereinigung der diversen Künste und deren Gleichberechtigung.

Der als Gesamtkunstwerk von Malerei, Literatur und Musik in Buchform einflussreiche Sammelband enthält daher nebst Abbildungen von zeitgenössischer Kunst solche von Werken aus der klassischen Antike, von russischer Volkskunst, Masken aus Afrika und Brasilien, Hinterglasmalerei aus Bayern.

Ikonen der Moderne

Der Almanach wird in Riehen in unterschiedlichen Ausgaben gezeigt. Die darin reproduzierten Kunstwerke dialogisieren mit verwandten Objekten, etwa mit archaischen Masken und Skulpturen aus Stammeskunst oder mit Votivbildern.

Unter den vielen hochkarätigen Ölbildern von Künstlern aus beiden Ausstellungen von 1911 und 1912 ragen nebst hauseigenen von Kandinsky wie «Fuga» und «Improvisation 10» vor allem Leihgaben aus dem Museum Solomon R. Guggenheim hervor. Dazu zählen die Ikonenstatus geniessende «Die gelbe Kuh» und «Stallungen» von Marc ebenso wie die «Landschaft mit Regen» und «Der blaue Berg» von Kandinsky.

Unter weiteren Hauptwerken befinden sich von Kandinsky die «Komposition VII» , von Marc «Die grossen blauen Pferde», von Gabriele Münter die «Landschaft mit Hütte im Abendrot» und von Robert Delaunay «La Ville» aus dem Centre Pompidou.

... Franz Marcs «Liegender Hund im Schnee». (Bild: PD/Galerie nationale Tretiakov/Städel Museum)

... Franz Marcs «Liegender Hund im Schnee». (Bild: PD/Galerie nationale Tretiakov/Städel Museum)