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«Spannung» lautet das Thema des diesjährigen «Klubs der jungen Dichter»: Wir geben ein paar Tipps dazu.
Da ich für unsere Zeitung auch neue Krimis und Thriller besprechen darf, habe ich in den letzten Jahren Hunderte davon gelesen. Immer wieder fallen bestimmte Techniken auf, dank denen es den Autorinnen und Autoren gelingt, Spannung zu erzeugen. Welche von Ihnen könnten auch in Kurzgeschichten funktionieren? Dazu einige Tipps:
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Der Klassiker unter solchen Fragen ist: «Wer ist der Täter». Agatha Christie, berühmteste Krimiautorin der Welt, hat fast immer so gearbeitet: Es gibt einen Mord in einer Örtlichkeit, die eine überschaubare Anzahl von Verdächtigen ermöglicht. Der Detektiv wie Hercule Poirot oder Miss Marple findet dann den Täter heraus. Und auch, wie dieser die Tat verübt hat. Diese Anlage ist aber für eine Kurzgeschichte nicht einfach, weil man wenig Raum hat, um viele Figuren zu entwickeln. Wir sind gespannt, ob es dem einen oder anderen jungen Dichter trotzdem gelingt.
Aber auch andere Fragen können Spannung erzeugen. Viele Thriller starten mit einem spektakulären dramatischen Ereignis, lassen aber offen, was genau passiert ist. Oder warum es passiert ist. Das will man als Leser erfahren. Und schon ist man gespannt.
Wenn man sich gut in eine oder mehrere Figuren hinein versetzen kann, will man erfahren, was mit ihr passiert. Das macht eine Geschichte spannend. Am besten eignet sich die Hauptfigur. Nehmen wir etwa an, es handelt sich um einen Vater, der seine verschwundene Tochter sucht. Es ist leicht zu verstehen, wie verzweifelt er ist und was ihn antreibt. Sofort kann man sich mit ihm identifizieren und entwickelt Sympathie für ihn. Gefühle fördern die Spannung – es können sogar negative Gefühle sein. Wenn man zum Beispiel eine Hauptfigur total widerlich findet, wird man genauso gespannt lesen, wie wenn man mit der Figur mitfiebert. Aber es ist eher einfacher, eine positive Hauptfigur zu zeigen. Diese kann natürlich auch ein junger Mensch sein, der in einer berührenden Situation ist, zum Beispiel Angst hat oder bei dem etwas auf dem Spiel steht, was ihm wichtig ist.
Tempo ist ebenfalls ein klassisches Mittel für Spannung, wenn also in kurzer Zeit bzw. auf wenigen Textzeilen viel passiert. Man spricht in diesem Kontext gerne von Action. Der Leser verfolgt atemlos das Geschehen, sein Adrenalin steigt. Auch das Gegenteil funktioniert: die Verlangsamung. Kombination von Tempo und Verlangsamung ist die ganz grosse Kunst. Auch berühmte Filmregisseure wie Alfred Hitchcock sind Meister in solchem Timing. Der Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung ist ebenfalls ein Mittel. Etwa: Eine knarrende Tür geht langsam auf, der Zuschauer bibbert – dann spaziert die Katze durch die Tür. Erleichtertes Auflachen, bis man merkt, dass der Killer hinter dem Sofa hervorkommt. Gerade Überraschungseffekte funktionieren am besten, wenn sich der Leser vorher kurz entspannen durfte ...
Apropos Auflachen: Humor und Spannung können sich gut ergänzen. Denn gerade auch Humor trägt zum Wechselbad zwischen Anspannung und Entspannung bei. Es ist kein Zufall, dass die härtesten Thriller- und Horrorgeschichten in Filmen oder Büchern oft viel Humor und zahlreiche Gags enthalten. Auch weil das dem Zuschauer oder Leser hilft, das Geschehen im Bewusstsein sicherer Distanz zu verfolgen.
Man kann von Anfang an soviel Spannung erzeugen, wie man will: Wenn die Auflösung der Geschichte nicht gut ist, wird der Leser enttäuscht sein. Sogar professionelle Autoren schaffen es nicht immer, ihrer kunstvoll konstruierten Story dann auch mit einem starken, vielleicht überraschenden, aber trotzdem logischen Schluss gerecht zu werden. Zwar kann ein Ende mal ganz gezielt die Lesererwartungen enttäuschen, ins Leere führen oder eine Wendung ins Absurde nehmen. Aber das muss sehr gut gemacht sein, damit der Leser das dann zu schätzen weiss. So oder so: Den Schluss muss man sich gut überlegen und am besten schon von Anfang an wissen, worauf die Geschichte hinauslaufen soll.
Der Einsendeschluss für den «Klub der jungen Dichter» zum Thema Spannung ist der 22. Oktober. Alles Infos findest du unter: www.luzernerzeitung.ch/dichter
Hast du schon selber Erfahrungen gemacht, welche Mittel und Tricks Spannung erzeugen? Dann schreib uns unter kultur@luzernerzeitung.ch.
Und das sagt Krimiautor Carlo Meier dazu