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«Sturmflut» im Neubad: Luzerner Künstler erweitern neues Wandbild über dem Pool

Das Wandbild über dem Neubadpool wird nach einem halben Jahr zum ersten Mal erneuert. Die Künstlerin Ursula Stalder lässt eine fiktive Flutwelle haufenweise Meerespflanzen drankleben.

Lucien Rahm
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Tobias Eichelberger und Ursula Stalder bei der Arbeit am am Wandgemälde über dem Neubadbecken. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 18. März 2019)

Tobias Eichelberger und Ursula Stalder bei der Arbeit am am Wandgemälde über dem Neubadbecken. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 18. März 2019)

Das ehemalige Hallenbad Biregg in der Luzerner Neustadt hat einige Jahre des Wandels hinter sich. Seit seiner Umfunktionierung zum Kulturort Neubad, die nun seit 2013 andauert und bis mindestens 2023 bestehen soll, hat sich im und am Gebäude an der Bireggstrasse viel verändert.

2016 wurde die Aussenfassade mit einem Street-Art-Bild verziert, und auch im Innenbereich hat sich seither einiges getan. Die auffälligste Veränderung: Das seit Ende der Sechzigerjahre bestehende Wandbild «Poseidon» des Luzerner Künstlers Hans Erni wurde nach der Umnutzung zunächst durch das Werk «Neutilus» der Macher des Comicmagazins «Ampel» ersetzt.

«Neutilus» der Macher des Comic-Magazins «Ampel». (Bild: Manuela Jans-Koch, 4. Mai 2018)

«Neutilus» der Macher des Comic-Magazins «Ampel». (Bild: Manuela Jans-Koch, 4. Mai 2018)

Vergangenes Jahr ist auch dieses wieder einer neuen Kreation gewichen. Die Luzerner Grafiker Tobias Eichelberger und Philipp Lehmann bepinselten die Nordwand der Poolhalle im August mit einem neuen Gemälde. Ihr Erzeugnis mit dem Titel «Nachbarschaft» zeigt in abstrahierter Form das real hinter der Wand liegende fünfstöckige Wohnhaus an der Bireggstrasse 39.

Auch auf dessen Bewohner nahm Eichelberger – damals im Nachbargebäude wohnhaft – mit dem Werk Bezug. Über Geländerstangen, die er auf die gemalten Balkone montierte, hängte er Badetücher. Dabei handelte es sich um Neukreationen, für die sich der Künstler von den Tüchern inspirieren liess, welche die Nachbarn tatsächlich früher im Hallenbad benutzt hatten.

«Nachbarschaft» von Tobias Eichelberger und Philipp Lehmann. (Bild: zVg)

«Nachbarschaft» von Tobias Eichelberger und Philipp Lehmann. (Bild: zVg)

Gradlinigkeit erhält chaotische Komponente

Jetzt, nach einem halben Jahr, wird die Wand erstmals umgestaltet. «Die Idee war es von Beginn weg, das Werk alle paar Monate zu erneuern», sagt Eichelberger. Für die erste Überarbeitung – davon soll es bis zum Ende der Zwischennutzung immer wieder welche geben – hat er die Luzerner Künstlerin Ursula Stalder für eine Zusammenarbeit angefragt.

Einerseits wohnt sie, wie Eichelberger und Lehmann auch, in der Umgebung des Neubads. Da das Werk «Nachbarschaft» heisst, soll es soweit möglich auch von Nachbarn gestaltet werden. Andererseits passe Stalders Arbeit, die sich seit Jahrzehnten mit Strandgut befasst, auch inhaltlich zum Thema Baden.

Seit Montag haben sie an der Installation gearbeitet, die heute Vernissage feiert. Die Wand in der Poolhalle soll am Ende so aussehen, als wären riesige Wellen aus dem Schwimmbecken getreten, um die Wand mit Dingen aus dem Meer vollzuspülen. Dafür nagelt Stalder Meerespflanzen und andere Fundstücke wie Eierschalen von Rochen an die Wand. Zuhauf hat die Künstlerin die Naturalien an der Südküste Englands gesammelt.

Für die Überarbeitung des Wandbildes «Nachbarschaft» greift Künstlerin Ursula Stalder auf Meerespflanzen zurück, die sie an der englischen Südküste gesammelt hat. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 18. März 2019)
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Die Pflanzen werden direkt an die Wand genagelt. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 18. März 2019)
(Bild: Pius Amrein, Luzern, 18. März 2019)
(Bild: Pius Amrein, Luzern, 18. März 2019)
Bei den schwarzen «Käfern» handelt es sich um Rocheneierhüllen. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 18. März 2019)
(Bild: Pius Amrein, Luzern, 18. März 2019)

Für die Überarbeitung des Wandbildes «Nachbarschaft» greift Künstlerin Ursula Stalder auf Meerespflanzen zurück, die sie an der englischen Südküste gesammelt hat. (Bild: Pius Amrein, Luzern, 18. März 2019)

Das zuvor klar strukturierte, gradlinige Werk erhält dadurch eine chaotische Komponente, die weder in Farbe noch Form mit dem zugrunde liegenden Gemälde harmoniert. «Es darf nicht zu sehr passen», sagt Stalder. Eine Welle achte schliesslich auch nicht darauf, was sie anrichte. So dominiere der Zufall den Entstehungsprozess, dessen Verlauf zu Beginn noch völlig unklar sei.

Bezug nehmen die beiden Kunstschaffenden dabei auch auf den Raum an sich. Hinter dem Sprungturm wird die Welle zum Beispiel keine Spuren hinterlassen. «Vom Becken aus sieht man dort sowieso nicht hin», sagt Eichelberger. Auf die Betrachtenden soll das Werk nämlich die grösste Wirkung haben, wenn diese mitten im Schwimmbecken stehen, in etwas Distanz dazu.

In einem halben Jahr macht die Installation wieder einer neuen Platz. Eichelberger weiss noch nicht, mit welchem Künstler oder welcher Künstlerin er dann zusammenarbeiten möchte. «Vielleicht mache ich mal etwas mit einem Fotografen oder einem Holzkünstler», sagt er. Idealerweise wohnt diese Person wiederum in der Umgebung des Neubads. So würde die «Nachbarschaft» im Titel des Wandbilds Programm bleiben.

Die Vernissage des neuen Wandgemäldes findet am Mittwoch, 20. März um 18 Uhr im Neubad statt.