«The Hunger Games» ist ein wuchtiger Blockbuster. Die Musik dazu ist ein überraschender Gegensatz. Der erste Auftritt des Luzerner City Light Symphony Orchestra ist mit Spannung erwartet worden.
Endlich läuft die Saison der Filmmusik. Bekanntlich gab es in letzter Zeit viele Diskussion um das Label «21st Century Concerts» und den Namenswechsel auf «City Light Concerts». Jetzt wurde wieder Musik gemacht.
Der Konzertsaal im KKL ist am Samstagabend praktisch gefüllt. Offenbar hält der Zwist die Filmmusik-Fans nicht davon ab, ihrer Leidenschaft zu frönen. Mit «The Hunger Games», auch bekannt unter «Die Tribute von Panem», steht ein Kinoblockbuster erster Güte auf dem Programm. Es ist eine wuchtige Geschichte über Unterdrückung, persönlichen Mut und Liebe, die hier erzählt wird. Aber vor allem ist es eine Parabel mit grossem Aktualitätsbezug. Eine apokalyptische Ehrzählung über die Allmacht der Unterhaltungsmedien, die Dummheit ihrer Follower und die Mächtigen, die «Brot und Spiele» für ihre Zwecke nutzen. Es ist auch ein Film, der eine Frau ins Zentrum der Action stellt. Sein kommerzieller Erfolg bildet die Initialzündung zu einer Reihe von Heldinnen, von «Die Eiskönigin» bis hin zum Jedi Rey in den neuen «Star Wars»-Streifen.
Die Filmmusik ist von James Newton Howard. Für sein Lebenswerk mit dem Henry-Mancini-Preis ausgezeichnet, ist er vor allem bekannt für die Untermalung von Filmen wie «Pretty Woman» oder für seine bombastische Musik zum Batman-Film «The Dark Knight», für welche er 2009 einen Grammy gewann.
Gespielt wird der Soundtrack vom neu zusammengestellten City Light Symphony Orchestra. Dieses vereint etwa je zur Hälfte Musiker aus der Region mit überregionalen Musikern. So sind bekannte Gesichter im Orchester auszumachen, die bei Projekten etwa des 21st Century Symphony Orchestra schon auf der Bühne standen. Die Leitung hat Kevin Griffiths, der im letzten April «Star Wars» zum Klingen brachte. In Luzern ist er ohnehin kein Unbekannter. Verschiedentlich stand er schon dem Luzerner Sinfonieorchester vor.
Wieder einmal besteht die Magie darin, dass der live gespielte Soundtrack, die in den Vordergrund gerückte Musik, den Film verändert, ihm ein anderes Gesicht und Tönung gibt. Denn im Gegensatz zu den oft wilden Szenen auf der Leinwand ist die Musik erstaunlich ruhig. Unter Griffiths Leitung zeigt das Orchester schon bei seinem ersten Auftritt ein grosses Gespür für diese Zwischentöne. Nur selten wird das wuchtige Gemetzel eins zu eins abgebildet. Die dissonanten Akkorde werden klar ausgeleuchtet.
Als die Heldin Everdeen aufbricht, Medizin für ihren Gefährten zu besorgen, ist es der ausgezeichnete Sologesang von Aurelia Würsch, untermalt von fast mystischen Orchesterklängen, der die Surrealität der Ereignisse betont. Der anschliessende Kampf wird über weite Strecken von Schlagwerk dominiert. Vertrackte Rhythmen statt bombastischen Blechs unterstreichen die Jagd der Spieler aufeinander.
Das Orchester spielt die vielen leisen Stellen ausgezeichnet – wobei es am Anfang einen Moment braucht, bis sich die Musiker finden. Die abwechselnden Farben, die Fokussierung der Filmmusik auf die Emotionen der Figuren, die Atmosphäre der Geschichte, dies alles wird plastisch ausgelegt. Die keltische Fidel, das Zymbal, eine Art Hackbrett, die Gitarre, aber auch die Flöten oder Klarinetten zeichnen hervorragend die thematischen Einwürfe.
Denn im Gegensatz zu vielen anderen Grossfilmen gibt es hier keine eigentlichen Melodien, welche die einzelnen Figuren spiegeln. Die Musik lebt ganz von der Stimmung. Nur selten schwingt sich das Orchester zu voller Grösse auf. In der Verfolgung durch die hundeähnlichen Mutationen oder in der Hymne auf das Kapitol kann auch das Blech so richtig auftrumpfen.
Nicht einmal hier stellt das Orchester, in der sorgfältigen Interpretation von Kevin Griffiths, die Kraft in den Vordergrund, sondern der Klang bleibt rund, das Blech eingebettet. Und doch sind diese Tutti-Momente die wenigen Augenblicke, wo das neue Orchester noch klarer klingen dürfte, die musikalische Linie etwas unsauber bleibt. Selbst der Abspann, sonst oft das virtuose Bravourstück für die Filmorchester, bleibt weitgehend ruhig, in sich gekehrt. Es ist ein hervorragender Filmabend. Das Publikum dankt mit Standing Ovations.
Nächste Filmmusikkonzerte: «Star Trek into Darkness», Freitag, 2., bis Sonntag, 4. November. Infos: www.citylightconcerts.ch