ZUG: Von Bloomingtöchtern und neuer Blüte

Der Stierenmarkt zum Zweiten. Wie es die Tradition will, stand gestern die Auktion im Mittelpunkt des zweitägigen Spektakels um Stier, Rind und Kuh. Rind Janice brachte es gar auf den stolzen Preis von über 10 000 Franken.

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Staunen: Das Tier ist so gewaltig gross. (Bild Stefan Kaiser)

Staunen: Das Tier ist so gewaltig gross. (Bild Stefan Kaiser)

Susanne Holz

Bruno Furrer spricht im Sprint. Kein Wunder, der Mann ist Auktionator. Seit Jahrzehnten leitet er die Auktion am Zuger Stierenmarkt. Gestern war er wieder einmal in Hochform. «Komm, komm, komm», lockt er die Kauflustigen rund ums Vorführareal aus der Reserve. Die Tribünen sind voll, wer sich keinen Sitzplatz ergattert hat, der steht. Die Sonne knallt auf Landwirte und Rinder.

Im Fokus aller Blicke befindet sich gerade das hochträchtige Rind Janice. Janice scheint eine echte Perle zu sein. Ihr Preis schraubt sich höher und höher. Schliesslich ruft Bruno Furrer mit Begeisterung in der Stimme und einem grandiosen rollenden R: «10 200 zum Drrritten!» Janice ist verkauft. Auf Janice folgt Rosina. Der Auktionator: erneut bereit zum Sprint. Das trächtige Rind hingegen steht stoisch da und lässt sich mustern. Täuscht man sich, oder kneift es gerade die Augen zusammen?

Flott geht es weiter: Arabell, so erfährt man, verfüge über hervorragende Anlagen mütterlicherseits. Samoa sei ein schweres Rind, 700 Kilo, mit breitem Becken und guten Voraussetzungen fürs Kalben. Auf den Bänken sitzen Männer in karierten Hemden neben Männern in gestreiften Hemden neben solchen in geblümten Hemden. Den Blick des Experten haben alle. Und einen Katalog vor Augen. Während Bruno Furrer sein R rollt, werden Hände auf Knie gestützt und Überlegungen angestellt.

125. Stierenmarkt auf dem gleichnamigen Gelände in der Stadt Zug. (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
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Hier gibts was zu trinken. (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Sonderlich heiss wars an der 125. Ausgabe nicht, aber schön war. (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Da gibts viel zu bestaunen. (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Sie warten noch auf die Käufer. (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Zuschauer verfolgen gespannt die Darbietung im Ring. (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Das halt ich mit dem Handy fest. (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Stiere warten auf ihr Urteil (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Keiner zu klein am Stierenmarkt dabei zu sein. (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Ein Zuschauer analysiert die Stiere. (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Ein Prachtstier (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Für dieses Tier interessieren sich offenbar nicht viele. (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Gross ist der Aufmarsch. (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Der Stierenmarkt in Zug mit vielen Stieren und Besucher am Jubiläumstag in Zug.Im Bild Olivia Berger mit Stier. 9. September 2015 (Neue ZZ/Werner Schelbert) (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)
Bernard Brand aus Altdorf beim besichtigen der Stiere. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Regierungsrat Beat Villiger,Direktor Braunvieh Schweiz Lucas Casanova und Heinz Tännler mit Stieren. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Im Bild Bernard Brand aus Altdorf beim besichtigen der Stiere. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Auch bei den Jungen kommen die Stiere offenbar gut an. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Olivia Berger streichelt einen mit Stier. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Prüfender Blick eines Fachmanns. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Stiere werden in die Arena geführt. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Prüfende Blicke von Fachmännern. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Prüfender Blick eines Fachmanns. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Die Stiere werden in der Arena vorgeführt. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Ein Stier wird in der Arena vorgeführt. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Interessierte Zushauer. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Ein Prachtskerl. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Ein Prachtskerl. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Ein Prachtskerl. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Auch Technik gibt es zu bestaunen. (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Der Stierenmarkt in Zug mit vielen Stieren und Besucher am Jubiläumstag in Zug.Im Bild Bauer. 9. September 2015 (Neue ZZ/Werner Schelbert) (Bild: Werner Schelbert (Neue ZZ))
Bei Prachtswetter sind am Mittwoch 250 Stiere auf dem Stierenmarktareal vorgeführt worden. (Bild: Keystone / Urs Flüeler)
Der Zuger Stierenmarkt bildet auch dieses Jahr den Auftakt für die Herbstmärkte beim Braunvieh. (Bild: Keystone / Urs Flüeler)
Die Palette reicht vom acht Monate alten «Muneli» über die zweijährigen Stiere bis zum ausgewachsenen Altstier mit über einer Tonne Lebendgewicht. (Bild: Keystone / Urs Flüeler)
In diesem Jahr sind 158 Original Braunviehstiere und 122 Stiere mit mehr oder weniger Brown-Swiss-Blut angemeldet (Bild: Keystone / Urs Flüeler)
Für Züchter und Händler ist der Zuger Markt der wichtigste Ort für den Kauf eines Stieres. (Bild: Keystone / Urs Flüeler)
Nirgendwo ist das Angebot grösser und sind die Vergleichsmöglichkeiten besser. (Bild: Keystone / Urs Flüeler)
Der Zuger Markt bietet auch Unterhaltung für die nichtlandwirtschaftliche Bevölkerung. Neben den imposanten Stieren herrscht an den Marktständen buntes Treiben. (Bild: Keystone / Urs Flüeler)
Bild: Keystone / Urs Flüeler
Bild: Keystone / Urs Flüeler
Bild: Keystone / Urs Flüeler
Bild: Keystone / Urs Flüeler

125. Stierenmarkt auf dem gleichnamigen Gelände in der Stadt Zug. (Bild: Stefan Kaiser / Neue ZZ)

Landwirt sucht Hof

Vater und Sohn, Sepp und Sämi Barmet, beide Landwirte im Angestelltenverhältnis, sind aus St. Urban LU angereist – «um z’ luegä». Man wolle verfolgen, wie sich die Zucht entwickle. Die beiden kommen jedes Jahr auf den Stierenmarkt. Sohn Sämi teilt der Presse noch gut gelaunt mit: «Wenn jemand einen Hofnachfolger sucht ... dann soll er mich anrufen!» Von Sämi Barmet erfährt der Laie auch, was es mit all den Bloomingtöchtern auf sich hat, die der Auktionator beständig anpreist. «Blooming ist aktuell der Renner unter den Stieren», erklärt der junge Landwirt. Will heissen: KB-Stier (künstliche Besamung). Blooming hat ein besonders viel versprechendes Erbmaterial – seine Samen rangieren im obersten Preissegment. Die künstliche Besamung ist auch Thema auf den vielen Plakattafeln, die zum 125-Jahr-Jubiläum aufgestellt wurden und die Geschichte des Zuger Stierenmarkts erzählen: Während heute noch rund 10 Prozent der Kühe natürlich besamt werden, waren es in den Fünfzigern alle. Als Mitte der Sechziger die künstliche Besamung aufkam, ging für den Stierenmarkt eine Blütezeit zu Ende.

Erstmals stattgefunden hat der Zuger Stierenmarkt 1897. Lucas Casanova, Direktor von Braunvieh Schweiz, weiss Bescheid über die Anfänge des Markts. «Ende des 19. Jahrhunderts erlebten die Bauern eine wirtschaftlich schwierige Zeit – sie bildeten Genossenschaften, und nur viele zusammen konnten sich einen Stier leisten. Eine Plattform musste her: So entstand der Stierenmarkt.» Viele Städte hätten sich um seine Ausführung beworben, Zug habe gewonnen, wegen des Bahnanschlusses.

Lucas Casanova kann zudem erklären, wieso die Rechnung nicht aufgeht: Von 1897 bis 2015 kommen schliesslich keine 125 Jahre zusammen. «In manchen Jahren gab es früher zwei Stierenmärkte, so gross war die Nachfrage.» Dieses Interesse sei seit den Siebzigern rückläufig. Für die jüngste Vergangenheit hat Casanova aber wieder positive Zahlen: Seit 2013 geht es wieder bergauf, und zum Jubiläum hat man aktuell 260 Stiere ausgestellt. «So viel wie seit zehn Jahren nicht mehr.» Fast eine neue Blüte. Auch ein Besucherrekord sei zu verzeichnen: «An beiden Tagen waren sicher über 12 000 Gäste da.»

Zu Gast: Schüler wie Senioren

Schlenderte man gestern übers Areal, traf man auf Bewohner des Altersheims Zentrum Neustadt, auf IBA-Schüler, Mütter und Kleinkinder, auf Beat Betschart (21) aus Menzingen, der zum ersten Mal hilft, die Kühe und Stiere zu betreuen, zu füttern, zu waschen, sie an- und abzubinden. Und auf Marcel Senn aus St. Gallen, der mal die Landwirtschaft seiner Eltern übernimmt und sich umschaut. «Ich mag am liebsten die feinen Stiere», sagt der junge Mann mit einem fröhlichen Grinsen. Auch er ist einfach «zum Luegä» nach Zug gekommen.

Zaghafte Annäherung oder Prüfung, ob sich ein Kauf lohnt? (Bild: Stefan Kaiser)

Zaghafte Annäherung oder Prüfung, ob sich ein Kauf lohnt? (Bild: Stefan Kaiser)

Ob er wohl nach Hause meldet «Kauf erfolgreich abgeschlossen»? (Bild: Stefan Kaiser)

Ob er wohl nach Hause meldet «Kauf erfolgreich abgeschlossen»? (Bild: Stefan Kaiser)