Bilderflut im Mehrfamilienhaus. Zwölf Fotografen und eine Künstlerin zeigen ihre Arbeiten in ungewohntem Rahmen.
bec. Ein ganzes Haus als Ausstellungsraum für Fotografen, das gabs bis anhin nur in Zürich, wo die Photobastei sich als ein Zentrum für aktuelle Fotografie etabliert hat. Bis zum 12. September hat auch Luzern ein Fotohaus, in dem zurzeit zwölf Fotografinnen und Fotografen und die Luzerner Künstlerin Monika Feucht auf sechs Stockwerken ihre Arbeiten präsentieren.
Initianten der Ausstellung sind Marco Meier und Gabor Fekete von der Luzerner Fotokammer, welche die kurzfristige Zwischennutzung der Abbruchliegenschaft Ecke Bundesstrasse/Tödi-strasse organisiert und die Fotografen ausgewählt haben.
Den Fotografen wurde bei der Präsentation freie Hand gelassen. Der Luzerner Fotoreporter Fabian Biasio hat die Freiheit genutzt und einen Tsunami Küche und Bad im obersten Geschoss verwüsten lassen. Die Installation schafft den thematischen Bezug zu den Arbeiten, die der Fotograf in den übrigen Räumen ausstellt: Reportagen aus den Katastrophengebieten Tschernobyl und Fukushima. Es sind erstaunlich unaufgeregte, unspektakuläre Bilder, die allerdings einen bleibenden Eindruck hinterlassen und ahnen lassen, was für eine Tragödie an diesen Orten den Menschen widerfahren ist.
Gleich drei Projekte präsentiert die Fotokünstlerin Monica von Rosen. Seit zehn Jahren recherchiert sie über die Geschichte ihrer Familie. Den Fokus richtet sie dabei auf die Frauenlinie, die sie über drei Jahrhunderte zurückverfolgt. Das Bildmaterial, das sie entdeckt, stellt sie zu einer bildnerischen Chronik zusammen.
Das zweite Projekt sind Aufnahmen von einem See in der Nähe ihres Wohnsitzes in Schweden. Es sind sehr stimmungsvolle und poetische Bilder. Dritter Schwerpunkt sind alte Polaroidaufnahmen, die auf Palmblättern platzierte Überbleibsel und Fundstücke des alten Grandhotels Brissago abbilden.
Die Arbeiten von Fabian Biasio und Monica von Rosen sowie die grossformatige und grossartige Bleistiftzeichnung von Monika Feucht fallen besonders auf. Originalität, handwerkliche und technische Perfektion, ein gutes Auge, das Gespür für den richtigen Augenblick und gestalterische Qualitäten finden sich allerdings auch in den Arbeiten der übrigen Fotografen, die ihrerseits sehenswerte Bilder präsentieren. Etwa die abstrakt malerischen Fotografien von Simon Meyer, die Porträts und Aufnahmen von klassischen Statuen von Aldo Palazzolo, die Momentaufnahmen aus den Strassen von Sao Paulo von Wulf Rössler oder die Bilder aus Ungarn von Gabor Fekete, die nächtlichen Venedig-Impressionen von Ille Oelhaf und die Seestücke von Manfred Wigger.
Spannend ist das Langzeitporträt von Ulla. Bruno Meier hat das Leben der Frau über eine Zeitspanne von 44 Jahren dokumentiert. Verblüffend sind die Doppelporträts von Sina Guntern, die speziell gestylte, gepiercte und tätowierte Menschen fotografisch in den Normalzustand zurückversetzt. Emmanuel Ammon zeigt nicht nur die selber produzierten Fotobücher und spektakuläre Luftaufnahmen, sondern auch eine Drohne, die solche Bilder erst ermöglichen.
Hinweis
Die Ausstellung befindet sich im Haus Bundesstrasse 12 (Eingang rückseitig), Luzern. Do/Fr 10–19, Sa 11–17, So, 10–13 Uhr. Bis 19. September.