Damit Städte die künftigen Wetterextreme gut bewältigen, braucht es weniger Gullys und mehr grüne Dächer. Letztere haben gleich mehrere Vorteile.
Zuerst wochenlange Dürre, dann Extrem-Niederschläge. Solche Wetterextreme werden häufiger. Auf den ersten Blick scheint dagegen kein Kraut gewachsen zu sein. Das Zauberwort dagegen heisst «Schwammstadt». Wenn sich die Stadt ähnlich bei heftigem Regen mit Wasser vollsaugt und mit dem gespeicherten Nass später die Dürre mildert, puffern selbst Metropolen wie Berlin beide Extreme.
Wasser spielt eine zentrale Rolle beim Stadtklima. Bäume mildern die Hitze nicht nur mit ihrem Schatten. Bei der Fotosynthese fischen Pflanzen das Treibhausgas Kohlendioxid aus der Luft und stellen daraus Biomoleküle für ihren Eigenbedarf her. Für ein einziges dieser Treibhausgasmoleküle transportiert eine Pflanze bis zu tausend Moleküle Wasser von den Wurzeln bis zu ihren Blättern, aus denen dann grosse Mengen Wasser verdunsten. Damit befeuchten die Gewächse nicht nur die Luft, sondern kühlen gleichzeitig das Mikroklima der näheren Umgebung.
Sind weite Teile einer Stadt mit Beton und Asphalt versiegelt, sammelt sich kaum Wasser tief im Erdreich. Im Sommer aber holen die Bäume und andere Pflanzen das Wasser des letzten Regengusses rasch wieder aus dem Boden. Bringt der Klimawandel dann lange Trockenperioden, verdorren viele Pflanzen, die Verdunstung sinkt und die Temperaturen zwischen den Häusern steigen weiter.
Um das zu verhindern, müssen Städte mit Regenwasser anders umgehen als bisher. Dieser Umstellung werden auch Gullys zum Opfer fallen, denn sie leiten das eigentlich in der Stadt benötigte Regenwasser über die Kanalisation aus den Siedlungen heraus. Bei Starkregen aber kann das gerade in Städten wie Berlin, die mancherorts Abwasser und Regenwasser gemeinsam abfliessen lassen, zu erheblichen Problemen führen. Weil die Kläranlagen für solche Sintfluten nicht ausgelegt sind, müssen sie das Abwasser unvollständig geklärt weiterleiten und überdüngen so die Umgebung.
Obendrein fehlt bei der nächsten Trockenperiode dieses Regenwasser in der Stadt. Um die Niederschläge zurückzuhalten, darf bei Neubauten in Berlin bereits seit 2018 nicht mehr Regenwasser vom Grundstück abgeleitet werden, als von einer unversiegelten Fläche abfliesst. Bei neu zu bauenden Stadtquartieren darf von der gesamten Fläche überhaupt kein Wasser in die Umgebung gelangen.
Ein wichtiger Baustein einer solchen Schwammstadt sind Dächer, die dicht von Pflanzen bewachsen sind. Rund die Hälfte des Niederschlags wird von solchen Gründächern zurückgehalten und später von den Pflanzen verdunstet.
Beton und Asphalt heizen in der brennenden Sommersonne ähnlich wie der karge Boden einer Wüste kräftig auf und strahlen die aufgenommene Energie nachts wieder ab. Damit hebeln sie die sonst übliche Abkühlung bis in die frühen Morgenstunden aus. Findet die Verdunstung statt, dann senkt diese die Temperaturen und verbessert das Klima in der Umgebung und in den Wohnungen unter dem Gründach spürbar.
Solche Dächer zahlen sich auch langfristig aus, da sie einerseits die Gebühren für das Einleiten von Regenwasser in die Kanalisation verringern und weil andererseits die Vegetation das Dach vor der Witterung und der ultravioletten Sonnenstrahlung schützt. Dadurch hält ein solide ausgeführtes Gründach doppelt so lange wie herkömmliche Dächer.
Seine Speicherkapazität lässt sich weiter steigern, wenn unter dem Substrat, in dem die Pflanzen wurzeln, Wasserbehälter aus Kunststoff eingebaut werden. Dadurch kann die Vegetation Dürreperioden viel länger trotzen und gleichzeitig können solche Dächer Extremregen abpuffern: Gibt es eine Wetterwarnung vor solchen Sintfluten, kann das Wasser zuvor abgelassen werden.
Gründächer lassen sich hervorragend mit Solaranlagen kombinieren, die von der Verdunstungskühle durch die Pflanzen profitieren, da Fotovoltaikanlagen bei hohen Temperaturen schlechter funktionieren.
Schwammstadt bedeutet aber auch, dass der Boden zwischen den Gebäuden möglichst wenig versiegelt ist, damit die Niederschläge versickern können. Dazu kommen «Rigolen» genannte unterirdische Speicher, die zum Beispiel mit Kies gefüllt werden. Sie können viel Wasser aufnehmen und oben mit Gewächs bepflanzt werden, das in Trockenperioden seinerseits vom Wasserspeicher profitiert.
Natürlich kann das Regenwasser auch in kleine Seen und Teiche oder in Zisternen geleitet werden. Aus diesen Sammelbecken kann der Garten bewässert oder die Toilette gespült werden. Droht ein längerer Starkregen, bewähren sich auch die Sportplätze, die wenige Handbreit tiefergelegt sind: Wenn es wie aus Kübeln giesst, sind dort ohnehin keine Sportler und das Wasser kann sich sammeln.