KÄSETUILES: Ein Versprechen für den Abend

Zum Apéro werden oft Nüssli, Chips oder Salzgebäck serviert – obwohl es eine Fülle an einfachen Rezepten für Häppchen gibt, die Lust auf mehr machen.

Rahel Koerfgen
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Der Apéro sorgt für das berühmte «Bödeli» vor dem Dinner. Goldene Regel: eher wenige, dafür speziell feine Häppchen. (Bild: Getty)

Der Apéro sorgt für das berühmte «Bödeli» vor dem Dinner. Goldene Regel: eher wenige, dafür speziell feine Häppchen. (Bild: Getty)

Der Apéro ist die Einleitung, die Appetit auf einen genussvollen Abend machen soll. Es sind jene Minuten, in denen sich die Gesellschaft über Neuigkeiten und Tratsch austauscht, sich vielleicht noch zögerlich abtastet und allenfalls das Haus oder die Wohnung des Gastgebers zum ersten Mal besichtigt. Es sind wichtige Minuten, die über den weiteren Verlauf des Abends entscheiden. Denn der Apéro ist ein Versprechen. Er gibt einen ersten Eindruck von den Kochkünsten des Gastgebers.

Umso erstaunlicher scheint es, dass bei uns zum Champagner, zum Martini Dry oder Campari oft nichts weiter als eine Schale liebloser Erdnüssli, Chips oder Flûtes gereicht werden, während die Italiener mit sagenhaften Antipasti-Platten auftrumpfen oder die Spanier mit Tapas. Ein noch schlimmeres Vergehen als Chips und Nüssli: Wenn zum Aperitif gar keine Häppchen aufgetischt werden. Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Gäste bereits vor dem Essen angesäuselt sind.

Zu Unrecht fristen Apéro-Speisen in der Schweiz trotz kulinarischen Einflüssen aus aller Welt ein Schattendasein. So manch exzellenter Hobbykoch lässt ob der vielen Gänge, die er hinzuzaubern hat, die Häppchen vor dem Essen links liegen. Weil die Zeit dafür nicht mehr reicht.

Doch wunderbare Appetizer können auch ohne grossen Zeitaufwand zubereitet werden (siehe Rezepte). Die goldene Regel lautet allerdings: Weniger ist mehr. Damit ist nicht nur die Quantität der Häppchen gemeint, sondern auch die Zutaten. Es empfiehlt sich, mit Teigen jeglicher Art zurückhaltend zu sein, da sie sehr sättigend sind.

Auch um Fleisch darf man einen Bogen machen, wenn das Hauptgericht oder die Vorspeise fleischhaltig ist. Sollte man sich dennoch dafür entscheiden, dürfen es nicht mehr als drei Stück pro Gast sein. Sind also vier Personen zum Essen geladen, reichen insgesamt zwölf Flûtes oder zwölf Hackbällchen völlig aus. Ziel ist es schliesslich nicht, sich den Bauch vollzuschlagen, sondern Lust machen auf das, was danach kommt. Für mehr wird die Zeit ohnehin nicht reichen: Der Apéro sollte eh nicht länger als eine halbe Stunde dauern.

Bleibt noch die alte Frage: Darf man das letzte Häppchen vom Teller nehmen, oder verstösst das gegen Knigge? Dazu die Luzerner Anstandsdame Michèle Ségouin: «Die Meinungen sind geteilt, aber meine jahrelange Erfahrung in der Gastronomie offenbarte mir, dass aufgrund falscher Zurückhaltung die letzten Häppchen meist zurück in die Küche wandern. Was mutig vertilgt wird, landet nicht im Schweinetrog.» Also zugreifen!

Rahel Koerfgen