Absage geht zu weit

Chefredaktor Jérôme Martinu zum Entscheid der Obwaldner Regierung, das Verbot des «8. Marsch förs Labe» zu Bestätigen.

Jérôme Martinu, Chefredaktor
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Jérôme Martinu

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Ein Marsch in die Ranftschlucht und ein Gottesdienst auf dem Platz vor der Flüeli-Kapelle. Dieser geplante religiöse Anlass des Vereins «Marsch förs Läbe» am Eidgenössischen Bettag ist von der Obwaldner Regierung untersagt worden. Im Verein, dessen öffentliche Auftritte in Städten wiederholt von Linksautonomen torpediert wurden, sind christlich-konservative Abtreibungsgegner vereint. Die Durchführung der Veranstaltung sei «angesichts der zu erwartenden Gegendemonstrationen nicht mit dem kantonalen Ruhetaggesetz vereinbar», so die Regierung, die damit den Entscheid der Gemeinden Kerns und Sachseln stützt. Religiöse Veranstaltungen sind an Ruhetagen indes erlaubt. Die gemäss Regierung grosse Gefahr von Störaktionen ist kein hinreichender Grund für ein Verbot. Auf Nachfrage hiess es weiter: Man gewichte das Recht Unbeteiligter auf Besinnung und inneren Frieden im Ranft höher als das Kundgebungsrecht des Vereins. Auch dies ein heikler Entscheid.

Meinungs- und Versammlungsfreiheit gelten auch für Minderheiten. Gemeinden oder Kantone können zwar bei Zeit und Örtlichkeit von Kundgebungen mitreden, die Verhältnismässigkeit muss aber gewahrt bleiben. Kundgebungen haben ein Recht auf öffentliche Wahrnehmung. Ein Anlass lässt sich nicht einfach behördlich auf morgens um vier in den Hinterpfupfiger Wald verordnen. Eine Demo darf gemäss Bundesgericht aber auf die Zeit nach Ladenschluss verlegt werden, wie ein Fall in der Stadt Luzern gezeigt hat.

Das Obwaldner Veranstaltungsverbot – umstrittener Verein hin oder her – geht klar zu weit. Man hätte den Abtreibungsgegnern ganz einfach eine Alternative anbieten können, der Gefahr einer Gegendemo zum Trotz.

Jérôme Martinu, Chefredaktor

jerome.martinu@luzernerzeitung.ch