Der Bundesrat ist am WEF in Davos gut vertreten - jedoch nur mit männlichen Gremiumsmitgliedern. Jemand muss ja in der Zwischenzeit regieren.
Es ist nicht einmal zwei Monate her, dass die Schweiz bei der Ersatzwahl in den Bundesrat mit Genugtuung den doppelten Erfolg der Frauen feierte. Und nun das: Als das House of Switzerland am letzten Dienstag am WEF in Davos eröffnet wurde, war der Bundesrat zwar mit vier Mitgliedern präsent, aber bloss mit der Männerabteilung. Die drei Eidgenossinnen waren zu Hause geblieben. Was ist geschehen? Eine Machtdemonstration der Männer? Oder gar ein stiller Protest der Frauen gegen die von den «Davos Men» dominierte Veranstaltung im Bündner Schnee? Wollten unsere Bundesrätinnen dem als Frauenfeind verschrienen neuen Präsidenten Brasiliens nicht über den Weg laufen?
Nichts von alledem. Der Grund für die gendermässig inkorrekte Vertretung der Regierung in Davos ist simpel: Alle drei Magistratinnen haben Anfang Jahr berufliches Neuland betreten. Simonetta Sommaruga im Infrastrukturdepartement Uvek, wo sie nicht nur auf grosse Fussstapfen ihrer Amtsvorgängerin trifft. Sondern mitten im Abstimmungskampf über die Zersiedelungs-Initiative steht. WEF-Erfahrung hat die SP-Bundesrätin schon genügend gesammelt. In Erinnerung ist ihre Eröffnungsrede von 2015, als die damalige Bundespräsidentin den Fokus auf die Verlierer der Globalisierung lenkte. Für Viola Amherd und Karin Keller-Sutter ist seit diesem Jahr alles neu. Und eine Teilnahme am WEF kaum zuoberst auf der Prioritätenliste.
Zumal Davos nicht nur wegen des Schnees ein rutschiges Gelände ist, wie der Bundespräsident mit seinen unverhohlenen Sympathiekundgebungen für Saudi-Arabien soeben bewies. Die Verteidigungsministerin liess sich immerhin den medienwirksamen Truppenbesuch in Davos nicht nehmen. Und von ihrer FDP-Kollegin weiss man seit dem letzten WEF, dass sie sich durchaus nicht vor Begegnungen auf höchster Ebene scheut. Davon zeugen die Bilder, wie sich die damalige Ständeratspräsidentin Donald Trump näherte, um ihm den US-Besuch einer Ständeratsdelegation für Mai 2018 anzukündigen.
Dem Sog von Davos hat sich übrigens kaum je ein Mitglied der Landesregierung entziehen können. Einzig Otto Stich lehnte Einladungen ans WEF stets ab. Der SP-Finanzminister ärgerte sich über die hohen Sicherheitskosten und war kein Freund von Partys mit Managern und Politikern. 1994, als die Bilder des Davoser Handschlags zwischen Arafat und Peres um die Welt gingen, empfing Bundespräsident Stich den PLO-Chef in Bern.