Kolumne
Nomen est Omen!

Einblicke - Romano Cuonz, Journalist und Publizist aus Sarnen, über die historischen Hintergründe geografischer Namen.

Romano Cuonz
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Romano Cuonz (Bild: Corinne Glanzmann)

Romano Cuonz (Bild: Corinne Glanzmann)

Während einer Velotour habe ich mit dem iPhone die schöne, grüne Aare eingefangen: in Koblenz, wo sie in den dort weit weniger stattlichen Rhein mündet. Stammtischkollege Wisi wirft einen Blick aufs Bild. Dann konstatiert er dezidiert: «Da haben wir den Beweis: Name ist halt in unserer Welt doch nicht Schall und Rauch!»

«Wagt da einer gar Fausts Zitat zu korrigieren!», rufe ich aus. Doch Wisi pariert: «Stell dir einmal vor, was heute alles anders wäre, wenn die Aare – was ihr als schweizerisch längstem und wasserreichstem Fluss eigentlich zustünde – ihren Namen behalten hätte.»

«Die Beppis müssten‚ ‹Z Basel a myner Aare› singen», sagt er. Und mit erhöhtem Eifer: «Rheinland-Pfalz hiesse Aarland-Pfalz, Wagners Oper ‹Aargold› und statt den berühmten Rheinwein würden wir Aarwein trinken.» Schuld, dass es nicht so ist – davon ist Wisi überzeugt –, sind nur die arroganten Römer. Die hatten sich erfrecht, geografische Namen nach Belieben zu verteilen.

Jetzt fällt’s mir wie Schuppen von den Augen: Kein einziger dieser alten Römer hat wohl so unverfroren und selbstherrlich geografische Namen kreiert wie der Obwaldner Bauernsohn Franz Josef Bucher. Wie dieser 1871 über dem Vierwaldstättersee einen Bauplatz kauft, befindet sich dort noch die Alp Tritt. Das ist ihm zu wenig nobel. Flugs erfindet er den Namen Bürgenstock. Und als sein Promiberg berühmt wird, kuscht sogar die sonst so pingelige Landestopografie vor ihm.

Dies ermutigt den Hotelkönig, sich weiterhin als Geograf in eigener Sache zu betätigen. Das Dörfchen Kirsiten am See – es hat seinen Namen ursprünglich von Kirschbäumen – tauft er in Kehrsiten um. Einzig und allein weil dort auf seinen Befehl die Dampfschiffe «kehren» sollen! Ja, gar noch weiter geht er: Die Bergstation eines Bähnchens in Genua tauft er auf alle Zeiten Rigi die Genua. Seinem Schweizer Konkurrenzberg «z’ Läid und z’Trotz»!

Was dem Hotelkönig und den Römern recht war, muss mir billig sein, finde ich. Und lasse für ein Buch, das zum «Grand Opening» des Bürgenstock-Resorts erscheint, gleich nochmals einen neuen Namen und Titel urheberrechtlich schützen: «Der Hotelberg»! Zugegeben: ein bisschen abgeguckt bei Thomas Manns berühmtem «Zauberberg» . Doch, wie pflegten schon die alten Römer zu sagen: «Nomen est Omen!»

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