Wir wohnen mit drei kleinen Kindern in einem Einfamilienhaus. Unsere Nachbarn möchten nun in ihrem Garten einen Teich anlegen. Als Familienvater habe ich diese nun gebeten, um den Teich einen Zaun oder eine Mauer zu errichten, damit keines der Kinder hineinfällt. Davon wollten sie aber nichts wissen.
Wenn Kinder im Zusammenhang mit einem Gartenteich verunfallen, stellt sich in erster Linie die Frage der Werkeigentümerhaftung: Gemäss Art. 58 OR haftet der Eigentümer eines Gebäudes oder eines anderen Werkes – unabhängig von seinem Verschulden – für den Schaden, den dieses infolge von fehlerhafter Anlage oder Herstellung oder von mangelhafter Unterhaltung verursacht.
Rechtlich gesehen ist der künstlich hergestellte Gartenteich ein Werk. Ein solches Werk ist mangelhaft, wenn es für den Gebrauch, zu dem es bestimmt ist, keine genügende Sicherheit bietet. Der Werkeigentümer darf allerdings davon ausgehen, dass das Werk bestimmungsgemäss benützt wird und die Benützer ein Mindestmass an Vorsicht beachten. Er muss nicht jeder erdenklichen Gefahr vorbeugen und ein ausgefallenes, unwahrscheinliches Verhalten einberechnen.
Es ist anzunehmen, dass der Gartenteich nicht zu Spiel- und Badezwecken bestimmt ist und einzig der Ästhetik dienen soll. Ausserdem befindet sich der Gartenteich auf einem privaten Grundstück. Aus diesem Grund muss der Teich grundsätzlich keinen besonderen Sicherheitsanforderungen genügen.
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Etwas anders sieht es bei Kinderunfällen aus: Ausnahmsweise sind spezielle Schutzmassnahmen vorzunehmen, wenn das Werk aufgrund seiner Beschaffenheit besondere Risiken in sich birgt, welche bei fehlender Vernunft und Vorsicht zu schweren Schädigungen führen können oder wenn das Werk aufgrund seiner besonderen Zweckbestimmung Kinder zu einer bestimmungswidrigen Benützung, z. B. als Badeteich, verleitet.
Voraussetzung der Haftbarkeit des Werkeigentümers ist aber in jedem Fall, dass das zweckwidrige Verhalten voraussehbar ist und zumutbare Massnahmen getroffen werden können, die eine zweckwidrige Verwendung verhindern. Es stellt sich demnach die Frage, ob der Gartenteich für Kinder sichtbar und leicht zugänglich ist. Sollte dies so sein, müssen die Nachbarn damit rechnen, dass der Gartenteich die Kinder zu einer Besichtigungstour verleitet. In diesem Fall obliegt Ihren Nachbarn eine gewisse Sicherungspflicht. Wie weit diese Sicherungspflicht tatsächlich geht, hängt von den konkreten Umständen ab (Grösse der Gefahr, Aufwand und Zumutbarkeit von Sicherheitsmassnahmen, Risiko des Gefahreneintritts).
Gegen ausgefallenes, nicht voraussehbares Verhalten muss der Werkeigentümer selbst bei Kindern keine Vorkehrungen vornehmen. Hier sind die Eltern als Aufsichtspersonen gefordert und haften allenfalls bei mangelnder Sorgfalt selber nach Art. 333 ZGB.
Unter Umständen kann ein solcher Unfall auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Ich rate Ihnen, Ihre Nachbarn über die Haftungsrisiken aufzuklären und diese zu bitten, den Teich z. B. mit einem Zaun zu sichern.
*Lic. iur. Christian Haag Fachanwalt SAV Haftpflicht- und Versicherungsrecht, Häfliger Haag Häfliger AG, www.anwaltluzern.ch