Wenn wir privat jemanden besuchen, wird oft verlangt, die Schuhe auszuziehen. Ersatzfinken werden uns aber nie angeboten. Sind wir auf die Situation vorbereitet, nehmen wir Finken mit. Doch nicht immer weiss man vorher von diesem Wunsch des Gastgebers. Den Besuch dann in Socken verbringen zu müssen, ist unangenehm. Was tun?
Sie sprechen ein äusserst heikles Thema an. Darüber wird viel diskutiert. Umfragen haben ergeben, dass aktuell etwa die Hälfte der Bevölkerung findet, der Gast dürfe seine Schuhe anbehalten, während die anderen der Meinung sind, Schuhe müssten unaufgefordert ausgezogen werden. Offenbar sind schon Freundschaften zerbrochen, am allzu harschen Umgang der Socken- und Hausschuhfraktion mit beschuhten Gästen.
Die Verhaltensregeln zum Thema Schuhe ausziehen variieren im internationalen Vergleich stark. Es gibt Länder, in denen es völlig klar ist, dass Strassenschuhe nichts in den Wohnräumen zu suchen haben. Bei uns gibt es keine eindeutigen Regeln, und so kommt es immer wieder zu unschönen Situationen. Der Gastgeber sieht sein Parkett und die absolute Ordnung in akuter Gefahr und der Gast sein schönes Outfit. Denn Schuhe sind nicht nur bei Damen ein wichtiger Bestandteil eines schicken Auftritts. Zum schönen Anzug oder Kleid bildet der passende Schuh das Tüpfelchen auf dem i. Es ist in der Tat unangenehm, wenn sich Frau oder Mann plötzlich in Strumpf oder Socke oder gar in Schlappen in einer fremden Wohnung herumschlurfen sieht.
Natürlich soll der Gast gerade im Winter mitdenken. Schneit es draussen, sind Ersatzschuhe Pflicht. Während trockenen Zeiten sollte der Gastgeber seine Gäste vorwarnen, wenn in seinem Daheim Socken- oder Hausschuhpflicht herrscht. So kann der Gast seine Hausschuhe mitbringen.
Meist kommt der Hinweis des Gastgebers betreffend Ausziehen der Schuhe aber erst beim Betreten der Wohnräume. Natürlich könnte der Gast dann mit dem Hinweis «Darauf bin ich nun nicht vorbereitet» kontern und damit signalisieren, dass er seine Schuhe anbehalten möchte. Allerdings müsste dann zusätzlich noch erklärt werden, dass die Schuhe für den Gast ein wichtiger Bestandteil der Kleidung sind und er sich in Strümpfen unwohl fühlen würde. Eventuell hat der Gastgeber dann Verständnis für das Anliegen und erlaubt dem Gast, die Schuhe anzubehalten. Aber meiner Meinung nach ist eine anfänglich geführte Schuh-Diskussion kein optimaler Startschuss für einen entspannten Abend...
Es gibt noch andere Möglichkeiten, diesem Thema zu begegnen. Sie erkundigen sich im Vorfeld, ob beim Gastgeber Socken- beziehungsweise Hausschuhpflicht besteht und statten sich entsprechend aus. Oder Sie nehmen als Gast Ihre Hausschuhe sicherheitshalber zu jeder privaten Einladung mit. Oder Sie legen sich ein Paar schicke Schuhe zu, die Sie ausschliesslich in Wohnbereichen tragen. Erklären Sie beim Wechseln des Schuhwerks, dass diese Modelle noch kein Trottoir gesehen haben und wohnzimmertauglich sind.
* Doris Pfyl ist Knigge-Trainerin sowie Farb- und Modestilberaterin und Ausbildnerin des Schweizer Fachverbands FSFM. www.imagemodestil.ch