Die Inseln, die Gastfreundschaft und die Gastronomie machen das Land zur perfekten Wellness-Destination. Vorausgesetzt, das Land wird nicht Opfer des eigenen Erfolgs.
Roger Braun
Es ist früh am Morgen. Die Temperaturen sind angenehm kühl, die Sonne steht noch tief. Eine Handvoll Leute hat sich im Yoga-Pavillon versammelt. Sie sitzen im Schneidersitz, von hinten sind nur die Silhouetten zu erkennen. Die Sicht auf den Golf von Thailand könnte nicht besser sein. Mehrere Inseln sind zu erkennen, der Ozean erstrahlt türkisblau. «Good morning everybody», begrüsst die Lehrerin die Anwesenden in einem besinnlichen, aber zugleich animierenden Tonfall. Ziel der morgendlichen Übung sei es, die Energien im eigenen Körper zu aktivieren, sagt sie. Etwas, was für viele am frühen Morgen gerade richtig kommt.
«Can you feel the energy?», heisst es immer wieder, während man seine Glieder streckt und langsam in Bewegung bringt. Kritische Geister mögen es belächeln, wenn man bei seitlich ausgestreckten Armen links die Wünsche für den Tag einfliessen lassen soll und rechts alles, was diesen Wünschen abträglich ist, herausschüttelt. Tatsache ist: Der Start in den Tag fällt beschwingt aus.
Willkommen im Kamalaya auf Ko Samui! Seit zwölf Jahren betreibt hier der Schweizer Marc A. Cornaz das Wellness- und Healingresort im thailändischen Golf. «Wir wollten einen Raum zur Erholung und Neuorientierung schaffen», beschreibt der Bülacher das Konzept der Anlage. «Viele Leute, die zu uns kommen, sind von ihrem Leben erschöpft und unsicher, ob sie den richtigen Weg gehen.»
Das Kamalaya versteht sich als Oase der Ruhe, die den Gästen helfen soll, zu sich selber zu finden. Zwei Drittel der Gäste reisen denn auch alleine. Zum Konzept gehört eine luxuriöse, naturnahe und mit viel Liebe zum Detail gestaltete Hotelanlage – aber nicht nur. Das Kamalaya bietet eine Vielzahl von Kursen, Behandlungen und Beratungen an. Yoga, Pilates, Meditation, Aerobic, Stretching, Tai-Chi, Massagen, Peelings, Akupunktur, Kochklassen, Teezeremonien, Ernährungs-, Bewegungs- und Lebensberatung: Das Angebot ist fast unerschöpflich, und wer nicht aufpasst, rennt von einem Termin zum anderen.
Cornaz möchte den Gästen maximale Freiheit geben. «Wir sind ganz sicher kein Erziehungslager», hält er fest. «Die Leute, die hierherkommen, haben schon viel zu viele Ratschläge erhalten. Unser Angebot soll den Gästen helfen, ihren Weg selbst zu finden.»
Eine wichtige Rolle spielt dabei die Ernährung. Detox heisst das Zauberwort. Der Körper soll entgiftet und entschlackt werden, um den Neubeginn zu erleichtern. Auf Kriegsfuss steht das Kamalaya namentlich mit Fetten, Zucker und Suchtmitteln. Zelebriert wird im Gegenzug die natürliche, frische und leichte Küche. Die Theorie ist schulmedizinisch umstritten, derzeit aber äusserst populär. Am Morgenbuffet ist vor jedem Gericht ein kleines Schild angebracht. Gelb ist gut, weil Detox; Violett schlecht, weil mit schädlichen Substanzen behaftet. Selbstredend sind die violett markierten Gerichte schwieriger zu erreichen als die gelben. Schweine- und Rindfleisch sucht man auf der Abendkarte vergebens, in der Minibar muss man ohne Bier und Wein auskommen. In der Anlage gilt zudem ein Rauchverbot. Kein Erziehungslager zwar, aber sanftem Druck ist man nicht abgeneigt.
Dass das Kamalaya ausgerechnet in Thailand steht, ist kein Zufall. «Thailand ist in vielerlei Hinsicht prädestiniert für Wellness», sagt Cornaz. Er nennt die fernöstliche Medizin mit ihrem ganzheitlichen Ansatz, den Buddhismus, der das Seelenheil in der Selbstreflexion und Gelassenheit verortet, die leichte und frische thailändische Küche sowie die traditionelle Gastfreundschaft. All das mache Thailand zum perfekten Ort, um sich zu entspannen und in sich zu gehen.
Auch wenn Kamalayas Bekenntnis zur Wellness aussergewöhnlich ist: Es gibt immer mehr Anbieter, die auf Entspannung setzen. Die grösste Bekanntheit geniesst dabei Ko Samui. Die nach Ko Phuket zweitgrösste Insel Thailands ist touristisch seit gut 25 Jahren erschlossen – seit 1989 der Flughafen auf der Insel eröffnet wurde. Jährlich strömen über eine Million Touristen nach Ko Samui. Auch wenn das Wasser und die Strände nach wie vor sehr schön sind und Hotelkomplexe wie in Rimini oder Mallorca bisher ausgeblieben sind: Die Idylle des naturbelassenen Eilands verblasst zunehmend. An touristischen Hotspots wie Chaweng im Osten der Insel hat der Party- und Sextourismus Fuss gefasst. Strandverkäufer ziehen am Strand entlang. Wer auf der Suche nach Ruhe ist, sollte sich deshalb nach einem abgelegenen Resort in Ko Samui umschauen oder noch besser: seinen Blick nach Norden richten.
Rund 15 Kilometer nördlich von Ko Samui liegt Ko Phangan. Einst war die Insel Anlaufstelle für Hippies, die sich in Bambushütten ein alternatives Leben aufbauen wollten. Ausfluss davon ist nicht zuletzt der Film «The Beach» mit Leonardo DiCaprio, der auf dem gleichnamigen Roman basiert.
Die Insel bietet Stoff für Aussteigerträume. Der Regenwald ist dicht und reicht oft bis zum Meer, es gibt zahlreiche schwer zugängliche Buchten, die Palmen sind allgegenwärtig, und am Horizont zeichnen sich einsame Inseln ab. Hotelanlagen sind selten. Stattdessen ist das Ufer von alleinstehenden Holzhäuschen gesäumt, die oft zu mieten sind.
Naturromantik hin oder her, Ko Phangan ist gerade bei jüngeren Semestern weniger für die Landschaft als für Partys bekannt. Einmal pro Monat treffen sich bis zu 15 000 Partywütige am äussersten Südostzipfel der Insel zur Full Moon Party. Einst von einigen Trance-Fans als intime Feier lanciert, schippern heute Tausende auf die Insel und nehmen den dortigen Strand in Beschlag. Die Hotels sind jene Tage dementsprechend vollgepackt, die Preise rekordhoch. Immerhin: Wer mit der überdimensionierten Strandparty nichts anfangen kann, wird auf dem Rest der Insel nicht viel davon spüren.
Ko Phangan droht langfristig jedoch das gleiche Schicksal wie Ko Samui. Jene Touristen, die der Touristenmassen von Ko Samui überdrüssig sind, zieht es zunehmend nach Ko Phangan. Der sich im Bau befindende Flughafen, der ursprünglich dieses Jahr fertig werden sollte, wird diesen Prozess verstärken. Die Gefahr ist, dass auch Ko Phangan in einigen Jahren von den Touristen überrannt sein wird. Wohin dann?
Theoretisch gibt es im thailändischen Golf noch Hunderte von Inseln, die darauf warten, erkundet zu werden. Allein der Samui-Archipel rund um Ko Samui besteht aus 60 Inseln. Viele davon sind unbewohnt und verfügen über grossartige Strände. «Hier werden Abenteuerträume wahr», sagte eine thailändische Reiseplanerin. Sie organisiert Spezialreisen für eine betuchte Kundschaft und erfüllt exklusive Wünsche. Dass Kunden eine Insel für eine bestimmte Zeit für sich haben wollen, komme immer wieder vor, sagt sie. Das ist weniger kompliziert, als es sich anhört. «Wenn es auf einer Insel lediglich ein Hotel gibt, mietet man einfach das ganze Hotel – und hopp, ist man alleiniger Bewohner der Insel», erklärt die Reiseplanerin. Kürzlich habe sie für eine Gruppe von zwölf Leuten genau dies organisiert. «Ganz billig ist das natürlich nicht», sagt sie.
Wer keine sechsstellige Summe locker machen kann und sich nach einer Alternative zu Ko Samui oder Ko Phangan umsehen möchte, sollte den Blick erneut nach Norden richten, nach Ko Tao. Die mit Abstand kleinste der drei Inseln liegt 70 Kilometer nördlich und ist in weiten Teilen naturbelassen. Allerdings: Wer mit dem Kursschiff auf der Insel ankommt, kriegt als Erstes einen anderen Eindruck. Dutzende von Thais stehen am Hafen und werben für Taxis, Touren und Tauchkurse. Verlässt man den Hafen, verflüchtigt sich dieser Eindruck aber schnell. Die Insel ist im Vergleich zu Ko Samui und Ko Phangan deutlich ruhiger und hat ein jüngeres, beinahe alternatives Flair. Bis heute ist der Grossteil der Touristen mit Rucksack unterwegs.
Der Norden und der Osten der Insel sind fast unbewohnt. Die Natur nimmt sich den Platz, den sie braucht. Die Strasse ist nicht allzu gut ausgebaut, man bewegt sich per Boot. Dies ergibt auch Sinn, denn mehr als die Hälfte der jährlich 100 000 Besucher kommen des Tauchens wegen hierher. Zahlreiche Tauchschulen sind die letzten Jahre entstanden; häufig betrieben von Ausländern. Inzwischen soll die Mehrzahl der 1400 ständigen Inselbewohner aus dem Ausland stammen.
Gerade bei Tauchanfängern ist Ko Tao beliebt. Nicht nur der ergiebigen Tauchgründe wegen, sondern auch weil die Kurse relativ günstig sind. Allerdings gilt auch hier: Die Popularität der Insel hat der Natur nicht nur gutgetan. Besonders die Riffe in Strandnähe sind übertaucht und haben Schaden genommen, der Fischbestand ist zurückgegangen. Die Tauchschulen unternehmen deshalb Anstrengungen, die Riffe zu schonen. Taucher werden besser auf die Riffe verteilt und die Riffe regelmässig gesäubert. Zudem wurde ein künstliches Riff für Tauchschulen angelegt.
Auch zum Schnorcheln eignet sich die Insel gut. Ein besonders schöner Ausflug, der sich damit verbinden lässt, ist jener zur kleinen Insel Ko Nang Yuan im Nordwesten von Ko Tao. Die Insel besteht aus zwei schroffen Erhebungen und ist verbunden durch einen Sandstrand, wo es sich vorzüglich baden und schnorcheln lässt. Ein kurzer – aber intensiver – Spaziergang auf einen der beiden Hügel lohnt sich. Der Ausblick auf die thailändische Strandwelt und das türkisblaue Wasser ist atemberaubend. Nicht das erste Mal kommt einem die Karibik in den Sinn.
Anreise: Die Reise in die Inselwelt des thailändischen Golfs führt per Flugzeug über Bangkok nach Ko Samui. Zwischen den Inseln verkehren Kursschiffe in regelmässigen Abständen. Zwischen Ko Samui und Ko Phangan bieten manche Hotels auch Motorboote an, die direkt zum Hotel fahren. Falls irgendwie möglich sollte man sich auf dem Rückweg einige Tage für die thailändische Hauptstadt Bangkok reservieren.
Reisezeit:Der beste Zeitpunkt für die Reise ist zwischen Dezember und Februar. In dieser Periode regnet es selten, und die Temperaturen sind mit 30 Grad für thailändische Verhältnisse vergleichsweise kühl. Im Verlauf des Jahres wirds wärmer, und ab Mai setzen mit dem Monsun die Regenfälle ein. Die Wassertemperaturen bewegen sich das ganze Jahr zwischen 27 und 30 Grad.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Pressereise von Thailand Tourismus.