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Meinung
Der öffentliche Rundfunk muss sparen. Und entwickelt trotzdem unnötige Aktivitäten.
Von einem «Sparhammer» ist in der Boulevardpresse die Rede. Dabei ist es bestenfalls ein Meissel, der nun bei der SRG angesetzt wird. Sie muss in den kommenden vier Jahren 50 Millionen Franken einsparen.
Bei Einnahmen von über 1,4 Milliarden Franken pro Jahr ist der Betrag verkraftbar. Und die Radio- und Fernsehgesellschaft hat sich das Problem teilweise selber eingebrockt: Die Werbevermarktungsallianz Admeira, welche die SRG 2016 zusammen mit Swisscom und Ringier einging, war eine Kopfgeburt und funktionierte schlecht. Wenn die Werbeeinnahmen der SRG einbrechen, hängt das auch damit zusammen, dass die Vermarktung zu wenig professionell arbeitet. Admeira wurde vor wenigen Monaten aufgelöst.
Grosse finanzielle Sorgen braucht sich der öffentliche Rundfunk nicht zu machen, weil der Bundesrat seine schützende Hand über ihn hält. Kurz nach Ausbruch der Corona-Krise erhöhte Medienministerin Simonetta Sommaruga von der Öffentlichkeit fast unbeachtet den Gebührenplafond der SRG auf 1,25 Milliarden Franken. Sommarugas Vorgängerin Doris Leuthard hatte zwar versprochen, dass die Limite bei 1,2 Milliarden und keinen Rappen höher liege. Sommaruga hob die Obergrenze trotzdem an.
Wohlwollend verfolgt die Landesregierung auch, wie die SRG sich zunehmend im Internet ausbreitet. Die Direktorin von Schweizer Radio und Fernsehen, Nathalie Wappler, verordnet ihrer Unternehmenseinheit eine Digitalstrategie. Am Leutschenbach sollen die Angestellten schon bald nach der Devise «digital first» arbeiten. Inhalte werden künftig vor allem für den Onlinebereich erstellt, während das klassische Radio und Fernsehen in den Hintergrund rücken.
Es ist verständlich, dass die SRG-Spitze mit Sorge registriert, wie der Altersdurchschnitt des Publikums steigt. Viele Junge schauen kein analoges Fernsehen und hören kein Radio. Ziel der SRG ist es nun, sie auf neuen Online-Kanälen zu erreichen. Das ist aus mehreren Gründen heikel.
Erstens konkurrenziert damit ein Betrieb, der mit einer Haushaltsabgabe alimentiert wird, zunehmend private Medienunternehmen. Diese sind vom Rückgang der Werbeeinnahmen ungleich härter getroffen als die SRG. Der Bund will sie künftig finanziell unterstützen, aber die Höhe der Subventionen ist mit den Zuwendungen für den öffentlichen Rundfunk nicht vergleichbar.
Es wäre darum angezeigt, dass sich die SRG in ihrem Online-Angebot beschränkt. Sie braucht anders als die privaten Medienunternehmen im Internet keine Bezahlschranken einzurichten und verfügt damit über einen klaren Wettbewerbsvorteil.
Von einer inhaltlichen Limitierung ist aber nichts zu merken. Die SRG will online alles tun – die Palette reicht von der politischen Analyse bis hin zu Comedy-Beiträgen für Junge. Das ist zu viel. Warum wurde die SRG gegründet? Ihre Raison d’Être ist es, alle vier Sprachregionen in Radio und Fernsehen mit einem vertieften Informationsangebot zu versorgen. Private elektronische Anbieter können dies nur teilweise leisten, weil es sich für sie nicht rechnet.
Die Schweizer Bevölkerung steht hinter diesem Modell; darum lehnte sie die No-Billag-Initiative 2018 klar ab. Wenn sich die SRG nun von ihrem Auftrag entfernt, indem sie auf Youtube lustiger als andere sein will, macht sie sich entbehrlich.
Beim Schweizer Fernsehen kontrastiert die von der Chefin verordnete Eroberung des Internets mit einer bemerkenswerten Ideenlosigkeit, was die Entwicklung neuer Programme anbelangt. Es fehlt an frischen Formaten, es fehlt an Nachwuchstalenten. Bekannte Gesichter verlassen den Sender. Im Newsroom wundern sich derweil die Journalisten über neue Hierarchiestufen. Mehr Vorgesetzte in Zeiten, da man sparen muss? Wenn die SRG in diesem Stil weitermacht, wird man bald zum Schluss kommen: Der öffentliche Rundfunk hat seinen Dienst getan. Es braucht ihn nicht mehr.