Kolumne
Landauf, landab: Da weckt mich doch der Esel!

Unsere Redaktorin vom Ressort Kanton beschreibt die Unterschiede zwischen Land- und Stadtleben.

Fabienne Mühlemann
Fabienne Mühlemann
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Vor einem Monat bin ich vom Hinterland in die Stadt gezogen, und zwar mitten ins Zentrum. Das bietet einige Vorteile: Der Arbeitsweg ist kürzer. Zum Einkaufen kann ich rasch über die Strasse huschen. Und der See und die Berge sorgen für eine wunderbare Aussicht.

Trotzdem wird mein Herz immer der Landschaft gehören. Hier läuft man nicht einfach aneinander vorbei, sondern ruft: «Sali, wie goht’s?» Beim Joggen hat man freie Bahn und muss nicht keuchend um Hunderte Menschen kurven. Und die Ruhe ist einmalig. Das ist nämlich die grösste Umstellung: der Lärm. Einen erholsamen Schlaf habe ich in der Stadt kaum. So rast entweder die Ambulanz vorbei, die Bauarbeiter lassen es in aller Herrgottsfrühe krachen oder Betrunkene johlen spätnachts auf der Strasse herum.

Das ist jetzt zwar ein wenig übertrieben. Aber auf dem Land ist das schon ein wenig anders. Was mich dort jeweils geweckt hat? Die Tiere meines Nachbarn! Wobei wecken nicht wortwörtlich gemeint ist. Wenn ich schlaftrunken die Fenster­läden öffnete, starrten mich 40 Knopfaugen an, bevor sie freudig ihr Blöck-Konzert starteten. Das wirkt wie Kaffee.

Vor einem Jahr hatte der Nachbar die Idee, er könnte sich ja einen Esel zutun. Ich meine einen Esel – wozu? Haben Sie schon einmal gehört, welche Töne er von sich gibt? Es ist gewöhnungsbedürftig. Doch mit der Zeit habe ich Chlöisu – ja, so heisst er – ins Herz geschlossen. Denn egal zu welcher Zeit, so brachte mich der Langohr mit seinem «Iah-Gekrächze» lauthals zum Lachen – was bei den Bauarbeitern weniger der Fall ist.

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