Korrespondent Stefan Brändle zur Entwicklung von Emmanuel Macron.
Emmanuel Macron war der Glückspilz der französischen Politik: Als er 2017 Präsidentschaftskandidat wurde, erledigten sich seine schärfsten Rivalen wie von selbst durch eigene Fehler. Einmal im Elysée, begann der Shootingstar ein Reformprogramm umzusetzen, wie es Frankreich noch nie gesehen hatte. Jetzt beginnt Macron aber selbst, Fehler zu machen. Er macht sich mit arroganten Sprüchen unbeliebt und erweist sich als politisch unerfahren – diesen Sommer in der Affäre um den Leibwächter Benalla, jetzt mit einer Regierungsumbildung, die dem jungen Präsidenten aus dem Ruder zu laufen droht.
Gewiss, die Stellung des französischen Staatschefs lässt sich der Verfassung wegen kaum anfechten oder auch nur untergraben. Gefährdeter sind Macrons Reformen, die er bis zu seinem Mandatsende 2022 durchziehen will. Gefährdet ist aber auch seine Europapolitik. Und konkret eine vertiefte EU-Integration, die Macron vor einem Jahr in seiner ehrgeizigen Sorbonne-Rede skizziert hatte. Dahinter stand letztlich die Absicht, zusammen mit Deutschland ein kontinentaleuropäisches Bollwerk gegen die Populisten in Ungarn und Polen, Italien und England zu errichten. Und darüber hinaus gegen Hardliner in den USA und Brasilien oder gegen Autokraten in Russland und China.
Jetzt ist Macron aber innenpolitisch so geschwächt wie seine Verbündete Angela Merkel. Zur Abnutzung der Kanzlerin gesellt sich die Unerfahrenheit des «Président». Zusammen kann die progressive Achse Frankreich-Deutschland in der EU und darüber hinaus kaum mehr den Takt vorgeben. Das wird einige freuen. Für die Stabilität Europas ist es aber auf jeden Fall keine gute Entwicklung.