Der Aufbau einer guten Reputation dauert lange und ist schwierig. Der Verlust kann schmerzliche Folgen haben.
Einen Begriff verwenden Medien und Politiker häufig, wenn Lob ausgesprochen oder aber Vorwürfe gemacht werden: Reputation – also Ruf, Image oder Wertschätzung. Meistens werden damit negative Einschätzungen unterstrichen («Reputationsschaden», «Reputationsverlust» etc.), vereinzelt jedoch auch positive Aspekte betont (z.B. «Reputationsgewinn» oder «Reputationsverbesserung»). Solche «Reputationsdebatten» können durchaus Folgen haben, wobei es verschiedene Betroffene gibt.
Einige Branchen stehen generell unter «Reputationsverdacht», etwa Rohstoffunternehmen (wie Glencore) oder Banken. Dass die Reputation von Credit Suisse momentan belastet ist, erscheint angesichts der Stichworte «Greensill» sowie «Archegos» unbestreitbar; doch selbst Publikums- bzw. «Reputationslieblinge» der Bankenbranche wie Raiffeisen befinden sich seit Jahren im medialen Gegenwind.
Im breiten Publikum befindet sich ihre Reputation im Sinkflug, zumindest seit für sie ein Synonym zu bestehen scheint: «Abzocker» (ohne Daniel Vasella wäre vor Jahren die «Abzocker-Initiative» wohl nicht ganz so erfolgreich gewesen). Reputationsgefährdend sind zudem Unternehmensskandale, die auf Managementfehler bei der «Legal Compliance» oder beim «Risk Management» zurückgeführt werden.
Der gewichtigste «Reputationskiller» für Sportarten wie Radfahren, Schwimmen oder Leichtathletik und für Sportler ist Doping und die Liste von «Dopingsündern» ist lang (Lance Armstrong, Jan Ullrich, Ben Johnson, Marion Jones, Claudia Pechstein, Johann Mühlegg, Sun Yang, Maria Scharapowa etc.). Sportverbände – wie Fifa oder IAAF – sehen ihre Reputation immer wieder ruiniert durch Korruptionsvorwürfe.
Ihre Glaubwürdigkeit beruht nicht zuletzt auf ihrer Reputation. Trotz hoher Reputation geriet – Beispiel 1 – die Finma vor einigen Jahren in Kritik bei der damaligen Finanz- und Bankenkrise. Gegenwärtig ist – Beispiel 2 – wohl das letzte Wort zur Reputation des BAG betreffend Coronapandemie (noch) nicht gesprochen, hängt doch vieles ab vom Erfolg oder vom Misserfolg der anstehenden Impfungen.
Dass die Reputation in der Politik zentral – sprich: wahlentscheidend – ist, musste Pierre Maudet erfahren. Seine wechselhafte Reputation machte den ehemaligen FDP-Bundesratskandidaten innert kurzer Zeit zum abgewählten Genfer Staatsrat.
Dass eine positive Reputation als erstrebenswert erachtet wird, im beruflichen und ebenso im privaten Umfeld, dürfte heutzutage ein Axiom darstellen. Dies ist ja naheliegend: Niemand strebt freiwillig ein schlechtes Image an. Eine gute Reputation erweist sich als zentrale Voraussetzung, um – beispielsweise – als Unternehmung seine Produkte zu verkaufen oder neue Kunden zu gewinnen, als Sportler zusätzliche Werbeeinnahmen zu generieren oder als Politiker seine (Wieder-)Wahl zu schaffen.
Während der Aufbau einer hohen Reputation schwierig und langwierig ist, kann ihr Verlust schnell erfolgen, nicht immer aus sachlich nachvollziehbaren Gründen. Während insbesondere illegales Verhalten die Reputation in aller Regel zerstört, kann es aber schon ausreichen, wenn gewisse Erwartungen nicht erfüllt werden (können). Besonders dann, wenn flexible Massstäbe zur Anwendung gelangen, wie etwa «Ethik», «Fairness» oder «soziale Gerechtigkeit».
Im heutigen Zeitalter der «politischen Korrektheit» resultieren teils schwerwiegende Folgen, geradezu Sanktionen. Unternehmen sehen sich mit Negativkampagnen und mit «Shitstorms» konfrontiert, Manager sowie Sportler können zu Parias werden. Mir scheinen nicht selten Heuchelei und selbstgerechte Selbsterhöhungen im Spiel zu sein, die in der Sache nichts bringen. Denn bekanntlich gilt als eine mögliche Reaktion von Betroffenen das Motto: «Und ist der Ruf erst ruiniert, so lebt es sich ganz ungeniert.»