Die Volksinitiative für strengere Regeln bei Waffenexporten stösst auf
Resonanz. Bei diesem umstrittenen Thema braucht es vor allem eins: Mehr Demokratie.
Nur gerade zwei Monate benötigte die «Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer», um die 100000 Unterschriften für ihre Volksinitiative zu sammeln. Die Allianz, der neben der Linken auch die BDP und die GLP angehören, will die Regeln für Rüstungsexporte in der Verfassung verankern – und zwar auf dem Stand von vor dem Bundesratsentscheid von 2014. Damals lockerte die Landesregierung die Bestimmung, wonach kein Schweizer Kriegsmaterial in Länder mit systematischen und schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen geliefert werden darf. Exporte sind seither möglich, wenn ein geringes Risiko besteht, dass die Menschenrechtsverletzungen mit den gelieferten Waffen begangen werden.
Der Bundesrat konnte die umstrittene Lockerung in Eigenregie beschliessen. Weil die Kriterien für Waffenexporte in einer Verordnung geregelt sind, müssen Änderungen nicht vom Parlament genehmigt werden. 2018 wollte der Bundesrat die Ausfuhrbestimmungen erneut aufweichen. Diesmal ging es um das Verbot von Kriegsmaterialexporten in Länder, die in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt sind. «Unter gewissen Umständen» sollten Lieferungen auch in Bürgerkriegsländer möglich sein, so der Plan. Begründet wurde dies mit der angespannten Situation der «schweizerischen Wehrtechnikindustrie». Nach breitem Protest kam der Bundesrat auf seinen Entscheid zurück.
Vor dem Rückzieher hatte der Bundesrat argumentiert, auch mit der angedachten Lockerung würde weiterhin kein Schweizer Kriegsmaterial in Bürgerkriegen eingesetzt. Dabei geschieht das schon mit den heute geltenden Bestimmungen: Wiederholt sind Bilder aus Syrien aufgetaucht, die Handgranaten aus der Produktion des bundesnahen Rüstungskonzerns Ruag zeigen. Die Granaten waren von den Vereinigten Arabischen Emiraten trotz einer gegenteiligen schriftlichen Zusicherung an Jordanien verschenkt worden, von wo sie den Weg in die Hölle des syrischen Bürgerkriegs fanden. Ein Teil der Lieferung dürfte zudem ins Bürgerkriegsland Jemen gelangt sein, wie diese Woche bekannt wurde.
Das Beispiel zeigt, dass die Schweiz beim Export die Kontrolle über die Verwendung der Waffen weitgehend abgibt. Oder wie IKRK-Präsident Peter Maurer im vergangenen Jahr sinngemäss sagte: «Kriegsmaterial wird früher oder später in einem Krieg gebraucht.» Der Export von Waffen steht in einem gewissen Widerspruch zur Rolle der Schweiz als neutraler Vermittlerin bei internationalen Konflikten. Doch die Praxis entspricht dem Willen des Stimmvolkes, das sich 2009 überdeutlich gegen ein Ausfuhrverbot ausgesprochen hat. Gleichzeitig deutet der grosse Zuspruch für die neue Volksinitiative auf einen beträchtlichen Unmut hin. Unmut darüber, dass die bürgerlichen Sicherheitspolitiker und der Bundesrat den Wunsch der Rüstungsindustrie nach einer weiteren Lockerung der Regeln höher gewichten wollten als die damit verbundenen Risiken.
Solche Änderungen sollten künftig zwingend auf einer breiteren demokratischen Basis stehen, also vom Parlament und allenfalls vom Volk abgesegnet werden – wie es ein Vorstoss der BDP vorsieht. Dass dieser auch zivile Güter wie Werkzeugmaschinen ins Visier nimmt, ist unnötig. Die zuständige Kommission des Ständerats, welche die Motion morgen berät, sollte den Passus streichen – und dann zustimmen.