Todesdrohungen

Chefredaktor Jérôme Martinu zu den immer raueren Umgangsformen
in öffentlichen Debatten.

Drucken
Jérôme Martinu

Jérôme Martinu

Das Dorf im Norden Luzerns kommt einfach nicht zur Ruhe. Der (politische) Umgangston in der 1500-Einwohner-Gemeinde Wikon ist derart rau geworden, dass nun Überlegungen angestellt werden, die Gemeindeversammlung abzuschaffen. Offen ausgetragene Gehässigkeiten würden damit abgestellt, so die Hoffnung. Denn der Streit im Gemeinderat, zwischen den Parteien und Stimmbürgern ums Schulhausprojekt und die Finanzen ist wiederholt eskaliert. Und wie in diesen Tagen bekannt geworden ist, ist es deswegen gar zu Morddrohungen an die Adresse von Gemeindeangestellten gekommen. Vermutet wird, dass die Steuererhöhung am Ursprung dieser erschreckenden Verirrung steht.

Wie können direktdemokratische Debatten um – Pardon! – hundskommune Sachgeschäfte derart krass aus dem Ruder laufen, dass Leute mit dem Tod bedroht werden? Solche Entglei­sungen sind in jedem Fall inakzeptabel und darum auch entsprechend zu sanktionieren.

Wikon ist ein krasses Beispiel für die herrschende Polarisierung in der öffentlichen Debatte. Es ist zweifellos unerlässlich, unliebsame Fakten nicht unter den Teppich zu kehren. Und wir dürfen es auch nicht übertreiben mit der politischen Korrektheit. Aber es ist destruktiv, ständig die rhetorische Maximalzuspitzung zu pflegen. Wie sagte alt Bundesrat Arnold Koller (CVP) eben im Interview mit unserer Zeitung: «Es ist leichter, sich mit Kritik zu profilieren, als konstruktive Vorschläge zu machen.» Recht hat er! Es braucht wieder mehr Sachlichkeit und auch Gelassenheit. Nicht jede Sachfrage entscheidet über das Fortbestehen der Welt. Der Streit in der Sache darf sein – um dann zum richtigen Zeitpunkt in Richtung Kompromiss abzubiegen.