LUZERN: Osterfestival-Eröffnung mit grosser Sopranseele

Standesgemäss in einer Kirche wurde am Samstagabend das Lucerne Festival zu Ostern eröffnet. La Voce Strumentale und vor allem die Sängerin Julia Lezhneva machten die Vielfalt barocken Musizierens zum Erlebnis.

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Die Sopranistin Julia Lezhneva trat bereits in früheren Jahren in Luzern auf. (Bild: Manuela Jans / LZ (Luzern, 21. Januar 2014))

Die Sopranistin Julia Lezhneva trat bereits in früheren Jahren in Luzern auf. (Bild: Manuela Jans / LZ (Luzern, 21. Januar 2014))

Bei einem österlich ausgerichteten Musikfestival ist es fast unvermeidlich, dass häufig die gleichen Werke erscheinen. Denn bei aller Vielfalt von alter Musik gibt es –vor allem bei den Passionsmusiken – relativ wenige Werke, die wirklich zur Spitze zählen.

Beim rund einstündigen Eröffnungskonzert in der voll besetzten Hofkirche jedoch erklangen mit einer Ausnahme alle Werke zum ersten Mal im Rahmen des Lucerne Festivals. Und ebenso traten die Interpreten, das 2011 in Moskau von Dmitry Sinkovsky gegründete kleine Streichensemble La Voce Strumentale und die russische Sopranistin Julia Lezhneva, erstmals am Lucerne Festival auf.

Gesangsstil zunächst etwas ungewohnt

Doch halt: Beim Auftritt der Sopranistin handelte es sich nicht um das Luzern-Debüt. Denn bereits beim Neujahrskonzert 2016 trat Julia Lezhneva mit dem Luzerner Sinfonieorchester unter James Gaffigan im KKL-Konzertsaal auf. Anfänglich zeigte sich das Publikum damals noch etwas zurückhaltend, zu ungewohnt und zu neu war der Gesangsstil der Russin. Beim Osterkonzert in der Hofkirche aber schuf sie gleich mit dem ersten Auftritt, der dicht auf das eröffnende Concerto grosso per il Sigr. Pisendel B-Dur von G. Ph. Telemann folgte, einen starken Akzent.

Dabei machte sie, klangschön begleitet vom jungen barocken Originalklang-Ensemble, unmissverständlich deutlich, dass die Motette «In caelo stelle clare fulgescant» und ihr Komponist Nicola Porpora (1686–1768) zu Unrecht fast vergessen sind. Der Neapolitaner war mehr bekannt als begnadeter Gesangspädagoge, dessen bester Schüler der legendäre Kastrat Farinelli war. Seine Solo-Motette komponierte er wie weiland Vivaldi seine Violinkonzerte für die Mädchen der Waisenhäuser Venedigs, der sogenannten Ospedali.

Herrlich, wie die 26-jährige Sängerin mit ihrer virtuosen Technik in der ersten Strophe die Sterne zum Funkeln brachte, in der zweiten der von Gottes Liebe entflammten Seele wärmsten Ausdruck verlieh. Im abschliessenden Alleluja liess sie die Koloraturen wie Billardkugeln wirbeln – ihr eigentliches Erkennungsmerkmal.

Erst recht gaben ihr die Gesänge von G. F. Händel, die sie auch auf ihrer Debüt-CD singt, Gelegenheit zur Entfaltung ihrer weitgespannten Ausdruckspalette: Koloraturenrausch bei «Un pensiero nemico di pace», intimes Espressivo bei «Salve Regina».

Musikalischer Leiter als Countertenor

Der Clou aber war der vom Instrumentalensemble filigran aufgefächerte Vortrag der Arie der Ippolita «Zeffiretti, che sussurrate» aus «Ercole su’l Termodonte» von Antonio Vivaldi, wo der musikalische Leiter Dmitry Sinkovsky als Countertenor die Sängerin mit Echo-Wirkungen begleitete.

Während bei Telemann der Concerto-grosso-Charakter noch nicht richtig zum Ausdruck kam, war dies beim Concerto D-Dur für Laute (exquisit Luca Pianca) und zwei Violinen und Basso continuo von Vivaldi umso sinnlicher und mitreissender der Fall. Das Concerto d-Moll RV 242 des «prete rosso» aber war schon eher ein Violinkonzert mit Sinkovsky als hochvirtuosem Solisten.

Für den nicht enden wollenden Applaus bedankten sich die Sängerin und das Ensemble mit nicht weniger als vier Zugaben.

Fritz Schaub

kultur@luzernerzeitung.ch