SZENENWECHSEL: Urbane Stubete-Stimmung zur Festivaleröffnung

Das Festival «Szenenwechsel» der Musikhochschule Luzern wurde am Montag eröffnet: Mit einem Volksmusik-Konzert, das Werkstatt-Einblicke mit einer schmissigen Werkschau verband.

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Improvisierten zum Thema Variation: Kristina Brunner, Emmanuel Krucker und Adrian Würsch in der Jazzkantine. (Bild: Corinne Glanzmann)

Improvisierten zum Thema Variation: Kristina Brunner, Emmanuel Krucker und Adrian Würsch in der Jazzkantine. (Bild: Corinne Glanzmann)

Ob einen Musik berührt, hängt bekanntlich nicht nur vom technischen Niveau der Aufführung ab, sondern ebenso von der ­Authentizität des Ausdrucks. So wurde man kürzlich an einem Schülerkonzert der Musikschule Emmen zu Tränen gerührt, als zwei Schülerinnen Leonard Cohens «Halleluja» ganz innig interpretierten. Umgekehrt kann ­einen perfekte Virtuosität im KKL auch mal emotional kalt lassen.

Eine Sonderrolle haben dazwischen Konzerte, wie sie die Musikhochschule Luzern bis nächsten Sonntag zum Festival «Szenenwechsel» bündelt. Denn Studenten sind Profis zwischen Aus­bildung und Karriere. Und das der Volksmusik gewidmete Eröffnungskonzert des Szenenwechsels am Samstag in der Jazzkantine Luzern zeigte, wie sich das im Programm widerspiegelt.

Denn dieses ist nicht nur eine Werkschau der Musikhochschule, wie Direktor Michael Kaufmann bei der Begrüssung sagte, sondern auch eine Werkstatt-Schau. So präsentierten im ersten Teil Adrian Würsch (Schwyzer­örgeli), Kristina Brunner (Cello) und Emanuel Krucker (Hackbrett) das Resultat aus einem Workshop mit Albin Brun, der das Festivalthema Variation hin zur Improvisation ausweitete.

Zweierlei imaginäre Volksmusik

Nach diesem Einblick in eine Ausbildungswerkstatt bot im zweiten Teil die Alpini Vernähmlassig eine so bewährte wie eindrückliche Werkschau, die in der vollen Jazzkantine für urbane Stubete-Stimmung sorgte.

In «Steiner Feiner» verband sich traditioneller Drive mit orchestralem Sog, Züri–Bukarest elektrisierte mit Hackbrett-gespickten Balkan-Grooves, Irish Goblins betörte mit Geigensüsse, die rauen Sounds von Markus Flückigers «Schwärmetall» weiteten das Spektrum zu neueren Volksmusikformen aus. Wenn sich im «Cyrill-Schottisch» mysteriöse Klänge zu einer Art Puszta-Schwermut verdichteten, kam sogar die Improvisation zum Zug.

Mehr Raum bekam diese «freieste Form der Variation» im ersten Teil nicht. Die Experimentierlust, für die etwa Adrian Würsch in anderen Projekten das Schwyzerörgeli nutzt, liessen die raffinierten Techno-Sounds seines zitternden Balgs nur erahnen. Im Zentrum standen so die von den drei Musikern einstudierten Stücke von Brun, die geheimnisvolle Mollharmonien und ungezähmte Grooves zu einer zauberhaften «imaginären Volksmusik» verbinden.

Aber die solistischen Zwischenimprovisationen blieben zu marginal, um sie zu einem «grossen Bogen» zu verbinden. Am deutlichsten löste die Cellistin Kristina Brunner diesen Anspruch ein: Ihre sich virtuos weiterentwickelnden Klänge und Rhythmen entsprachen ganz dem im Studienführer definierten «Lernziel» einer «offenen Herangehensweise» und der Fähigkeit, «ihre Funktion im Ensemble auf hohem Niveau wahrzunehmen». Da galt wie für den ganzen Abend eindrücklich: «Leistungsausweis» erfüllt.

Urs Mattenberger

urs.mattenberger@luzernerzeitung.ch