KKL: Zwei herausragende Solistinnen beglückend vereint

Sol Gabetta und Hélène Grimaud beflügelten einander im Konzert des Lucerne Chamber Circle. Und begeisterten das Publikum mit ihrem einfühlsamen Spiel.

Gerda Neunhoeffer
Drucken
Sol Gabetta (links) und Hélène Grimaud inspirierten sich gegenseitig zu höchstem musikalischem Ausdruck. (Bild: Philipp Schmidli (14. Januar 2017))

Sol Gabetta (links) und Hélène Grimaud inspirierten sich gegenseitig zu höchstem musikalischem Ausdruck. (Bild: Philipp Schmidli (14. Januar 2017))

Die Zuhörer im ausverkauften Konzertsaal des KKL erlebten am Samstagabend ein unvergessliches Konzert mit der Cellistin Sol Gabetta und der Pianistin Hélène Grimaud. Als beide 2011 zur gleichen Zeit beim Menuhin-Festival in Gstaad spielten, wussten sie schnell, dass sie miteinander arbeiten wollten. Und dass sie mit ihrer ersten gemeinsamen Aufnahme den Kammermusikpreis von Echo-Klassik 2013 gewannen, bestätigte, wie sehr sie einander beflügeln.

In ihrem Konzert, das in der Reihe Lucerne Chamber Circle stattfand, spürte man deutlich, was Hélène Grimaud schon früher über die Zusammenarbeit der beiden gesagt hatte: «Musikmachen ist eine sehr körperliche, sinnliche Angelegenheit, es geht um den Herzschlag, den Puls, das gemeinsame Atmen. Diese Ebene habe ich mit Sol ganz selbstverständlich gefunden, als Mensch und als Musikerin – ein Glücksfall.»

Gebrochene Dreiklänge wie aus dem Nichts

Der Beginn am Samstag stand im Gegensatz zum umtriebigen Fasnachtsgetöse um das KKL: Die ersten Töne von «Spiegel im Spiegel» von Avo Pärt kamen ganz aus der Stille. Wie aus dem Nichts formte Grimaud die gebrochenen Dreiklänge, die sich danach nur minimal verschieben und zu denen Sol Gabetta in langen, zunächst vibratolosen Tönen die gespiegelten Tonleiter spielte.

Wieder einmal erwies sich die Akustik des Saales als wunderbar geeignet für leiseste Klänge, und wenn diese zarten Klänge so tief empfunden bis in die letzten Reihen schweben, ist auch das ein Glücksfall. Die Stille am Ende des meditativen Duos zeigte, wie sehr diese minimalistische Musik die Zuhörer verzaubert hatte.

Vehement zupackend erklang darauf das erste «Mit Humor» überschriebene Stück der «Fünf Stücke im Volkston» für Violoncello und Klavier op. 102 von Robert Schumann. Da sprudelten die Klaviertöne schon mal über das Cello, das dann aber im zweiten Stück wieder ganz im Vordergrund die romantische Kantilene übernahm. Die Staccatto-Begleitung des dritten Stückes spielte Hélène Grimaud klar akzentuiert und liess den Doppelgriffen des Cellos viel Raum. Fast impressionistisch aufgelöst wiesen die Klavier-Arpeggien des vierten Satzes schon auf Claude Debussy hin.

Intensive Farbenspiele

Dessen Sonate d-Moll für Violoncello und Klavier, im Stil einer klassischen Sonate geschrieben, wurde in der Interpretation von Gabetta und Grimaud zu einem Kaleidoskop intensiver Farbenspiele. In vielschichtigen Dialogen erzählten sie kleine Geschichten, die ganz im Sinne Debussys von dramatisch bis ironisch reichten. Das voll klingende Pizzicato im zweiten Satz spiegelte sich in den schillernden Klangfarben des Klaviers wieder, und die kraftvollen Steigerungen wurden ebenso heftig vorangetrieben wie wieder organisch zurückgenommen. Das Finale sprühte mit flirrendem Klavierspiel und virtuos feurigen Cello-Läufen pure Lebensfreude.

Wie sehr die beiden Ausnahmekünstlerinnen einander zuhören, wie sie gemeinsam atmen und dabei in höchster Konzentration musizieren, wurde in der Sonate D-Dur op. 78 «Regensonate» von Johannes Brahms besonders deutlich. Da war das Cello trotz des vollgriffig konzertanten Klavierparts stets in schmelzendem Klang hörbar, da wurden die Wechsel zwischen Dur und Moll, zwischen Licht und Schatten intensiv ausgelotet. Und die leicht hingetupften «Regentropfen» im letzten Satz sprühten in allen Regenbogenfarben. Nach Zugaben von Chopin und Manuel de Falla klang das Konzert am Ausgang farbig duftend aus: Die Damen bekamen die Rosen der Bühnendekoration überreicht.




Gerda Neunhoeffer

kultur@luzernerzeitung.ch