«Who’s Johnny Cash?», fragen sich Gisela Nyfeler und Manuel Kühne in einer multimedialen Comiclesung mit Livemusik. Und kommen dem legendären Sänger dabei ziemlich nahe.
«Early one morning/with time to kill/I borrowed Jebb’s rifle/and sat on a hill ...» Auftritt Manuel Kühne als Johnny Cash. Es ist ein toller Einstieg in diese Comiclesung mit Livemusik: Schauspieler und künstlerischer Leiter Manuel Kühne singt mit Kraft in der Stimme und sehr geradeaus «I Hung My Head», den Song von Sting, den Johnny Cash in seiner späten Phase coverte – im Rahmen seiner fruchtbaren Zusammenarbeit mit Musikproduzent Nick Rubin.
Cash-Interpret Kühne wird unterstützt von einer hochkarätigen Band mit Bass, Gitarre, Schlagzeug. An der Trompete: Schauspielkollege Florian Steiner, der immer mal wieder Elvis verkörpert. Und dem Ganzen eine humorvolle Note verleiht. Was so gewollt war, denn: «Mit der Person Johnny Cash ist in Sachen Humor nicht so viel zu holen», sagt Cash- und Comic-Fan Manuel Kühne.
Es war Kühnes Idee, nach der ersten Comiclesung zu Lucky Luke (Idee und Umsetzung Gisela Nyfeler) und der zweiten, schon grösseren namens «Happy!» – über die Freundschaft eines gefallenen Cops zu einem blauen Pferdchen – nun etwas «Ernsthaftes zu bringen». Etwas, das hängen bliebe. Etwas mit Musik, weil «Musik immer gut ist». Recht hat er. Manuel Kühne hatte Reinhard Kleists vielfach prämierte Graphic Novel «Johnny Cash – I See A Darkness» (2006) schon lange bei sich im Regal stehen und auch schon lange den Wunsch, «mal etwas mit Cash zu machen».
Zudem: «Ich singe für mein Leben gerne», sagt Schauspieler Kühne. Dass er das auch sehr gut kann, davon kann sich das Publikum bei der Premiere am Montagabend im Südpol überzeugen. Weil Manuel Kühne und Gisela Nyfeler (Regie, künstlerische Leitung) für «Who’s Johnny Cash?» den Werkbeitrag 2016 des Kantons Luzern erhielten, konnte man die Cash-Comicsuppe richtig gross anrühren und neben Schauspieler, Sänger und Trompeter Florian Steiner auch noch die Berner June-Carter-Interpretin Miss Tigre mit ins Boot holen.
Zusammen mit Tevfik Kuyas (Bass), Urs Müller (Gitarre) und Arno Troxler (Schlagzeug) spürt man dem Leben Johnny Cashs anhand der Bilder aus dem Comic nach, die auf der grossen Leinwand rechts ablaufen (Animation: Adrian Perez). Thematisiert werden die Kindheit zwischen Baumwollpflückern, der Tod des Bruders im Sägewerk, Cashs Aufstieg, seine Bekanntschaft mit Elvis, die schwierige Ehe mit Vivian, die Liebe zu June Carter, die Tabletten- und Alkoholsucht – all das, was man auch aus dem Film «Walk the Line» kennt.
Die Premiere ist ausverkauft, das Publikum gemischt: Ältere Cash-Fans sitzen neben jüngeren Comicfans. Der riesige Applaus zum Schluss ist verdient. Der Mix aus Comic per Leinwand, Livemusik und Schauspiel geht auf. Wobei vor allem Florian Steiner, Manuel Kühne und Miss Tigre mit ihren Interpretationen der Cash-Songs begeistern. Ohne Berührungsängste und mit dem nötigen Gefühl für die legendären Songs eines Hochsensiblen mit mehreren Brüchen in der Biografie wagt man sich ans Mikro und tanzt auch öfter mit diesem.
Ins Zeug gelegt hat sich auch der musikalische Leiter Christov Rolla, der nicht zuletzt mit seiner Neuinterpretation von «Ring Of Fire», gesungen von Florian Steiner, ins Schwarze getroffen hat. Steiner performt mit wirrem Haar und schlichtem weissen Hemd Rollas Version, die Blues und Rock im Blut hat. Und Johnny Cash.
Susanne Holz
susanne.holz@luzernerzeitung.ch