Dubrovniks Altstadt verzaubert mit ihrem mittelalterlichen Stadtbild und der Lage an einer Steilküste. Doch im Sommer sollte man sie meiden.
Text und Bilder: Geraldine Friedrich
Die hellen Steinmauern der Lorenzfestung sind unüberwindbar. 37 Meter ragen sie auf Felsen empor und schliessen die Altstadt Dubrovniks zur Meerseite ab. Im Mittelalter schützte die Festung die Einwohner vor Feinden. Vor Freunden, die heute im Juli täglich zu Tausenden per Kreuzfahrtschiff anreisen, bewahrt sie die kleine Stadt nicht. Städtetrips nach Dubrovnik sind populär geworden, die Gassen, allen voran die Prachtmeile Stradun (es heisst tatsächlich «Der Stradun»), quellen im Juli vor Menschen über. «Um sechs Uhr herrschen die Lieferanten und Kehrichtabfuhren über die Altstadt, um neun Uhr kommen die ersten Touristen und ab halb zwölf strömen die Tagestouristen aus Montenegro und von weiter her», erklärt Antea Glumac, 50, die ihr gesamtes Leben in Dubrovnik verbracht hat und fliessend Deutsch spricht, obwohl sie nur einmal kurz in Deutschland war. Zwischen 12 und 15 Uhr rät sie, die Altstadt zu meiden: «Da legt man sich besser unter einen Baum am Strand.»
Dubrovnik bietet den begehrten Mix aus stadtnahen, wunderschönen Steilküsten mit Badebuchten und kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten. Wer ausserhalb der Altstadt residiert, und das ist durchaus empfehlenswert, kann oftmals direkt mit seinem Hotellift nach unten an den Kieselstrand fahren und bereits vor dem Frühstück eine Runde im Meer schwimmen. Zu lange sollte man im Sommer das Frühstück nicht ausdehnen, denn die nicht ganz so heissen Stunden am Vormittag sind zu wertvoll, um sie mit Essen zu verplempern. Beim Spaziergang entlang der Steilküste in die Altstadt begeistert der Blick auf zahlreiche Buchten samt Blautürkistönen des Meeres. Die kroatische Küste ist hier kein Vergleich zu den langweiligen Sandstränden, die sich auf der anderen Adriaseite finden. Die Kroaten behaupten zudem gerne, dass das Wasser in Südkroatien sauberer sei, da der Strom das Meer entlang der Küste aus Richtung Griechenland nach Norden treibt, dort Italiens Industriestädte passiert und dann erst dreckig entlang der italienischen Adriaküste nach Süden driftet.
Durch das Pile-Tor innerhalb der Stadtmauer betritt man die Altstadt. Über ihm wacht der heilige Blasius, der angeblich gegen Halsschmerzen hilft. Glumac: «Ich nenne ihn auch den heiligen Ricola.» Es ist eine Zeitreise um gut 800 Jahre zurück. Die Prachtstrasse Stradun breitet sich aus, kein Velo, kein Auto stören hier, die Altstadt innerhalb der Mauern ist fahrzeugfrei. Gleich nach dem Pile-Tor befindet sich links das Franziskanerkloster, darin die älteste Apotheke – nicht älteste Apothekerin – Europas. Die Pharmazie ist seit 1317 ohne Unterbrechung in Betrieb und verdient heute ihr Geld vornehmlich mit dem Verkauf von Rosenwasser & Co. an Touristen. Noch älter ist das 1296 erbaute Klärsystem, welches heute mit einigen Modernisierungen immer noch funktioniert. Rechts vom Pile-Tor liegt das Klarissinnenkloster; der im 13. Jahrhundert gegründete Konvent war auch ein für damalige Verhältnisse fortschrittliches Waisenhaus: Er nahm nicht nur uneheliche Kinder auf, sondern verfügte über ein heute zugemauertes Fenster, durch das Mütter ihre Babys ablegen konnten – eine Babyklappe. Am Ende der Stradun, nur 300 Meter geradeaus Richtung Südosten, liegt bereits der Rektorenpalast, in dem Vertreter der Adelsfamilien im Wechsel residierten.
Man sieht es den Bauten an: Über 150 Jahre gehörte die Stadt auf dem Felsen zu Venedig, danach war sie 450 Jahre reiche Stadtrepublik, erst seit Ende des Jugoslawienkriegs in den 1990er-Jahren gehört sie zur unabhängigen Republik Kroatien. Wer mehr über die Zeit im Jugoslawienkrieg wissen möchte, dem empfiehlt sich ein Ausflug mit der Seilbahn auf den 412 Meter hohen Hausberg Srd. Dort befindet sich das Museum des Unabhängigkeitskampfes in einer Festung. Damals kämpften 60 Kroaten von der Anhöhe gegen die serbisch-montenegrinische Armee. Der Blick vom Srd lockt Scharen von Touristen vor allem abends, um den Sonnenuntergang vor der Altstadtkulisse und der Insel Lokrum zu geniessen.
Die Insel liegt nur 12 Minuten mit dem Boot vom Altstadthafen entfernt. Dort machte einst Richard Löwenherz auf der Rückkehr seiner Kreuzzüge Station, um sich vor einem Sturm in Sicherheit zu bringen. Das interessiert aber nur noch wenige Besucher, denn Lokrum war, wie auch die gesamte Altstadt, Drehort der Serie «Game of Thrones». Fans und Interessierte können dort eine kleine Ausstellung zu den Dreharbeiten besichtigen und auf dem legendären «Eisernen Thron» für Fotos posieren. Seit bekannt ist, dass die Stadt auch Drehort der Serie war, reisen viele junge Menschen an. Überhaupt ist Dubrovnik die Filmstadt geworden, neben der Fantasy-Serie sieht man die Altstadt seit Dezember 2017 in «Star Wars: Die letzten Jedi», ab September 2018 sehen Kinobesucher Dubrovnik als Nottingham in «Robin Hood: Origins».
Ein beliebter Drehort ist auch die über zwei Kilometer lange Stadtmauer, denn sie ist eine der wenigen komplett erhaltenen und begehbaren Mauern Europas. Auf dem schattenfreien Rundgang erhalten Besucher ganz andere Perspektiven auf die Stadt, daher ist sie ein Muss für jeden Dubrovnik-Besucher – eigentlich. Denn leider kostet der Eintritt auf die Mauer für Nichteinheimische 150 Kuna (etwa 23 Fr.). Überhaupt hat sich in der Altstadt die Unsitte verbreitet, allerorten von Touristen Preise zu verlangen, bei denen selbst gut verdienende Mitteleuropäer mit den Ohren schlackern. In Kroatien liegt das durchschnittliche Bruttoeinkommen bei etwa knapp 1200 Franken pro Monat, besagter Eintritt wäre da für Einheimische schlicht unerschwinglich.
Vielleicht ist es aber auch der Preis dafür, dass die Altstadtbewohner seit Jahren unter dem wachsenden Strom der Touristen leiden. 2017 kamen allein knapp 1,2 Millionen Besucher nach Dubrovnik, 2010 war es noch die Hälfte. Die begehbare Stadtmauer führt so nah an Fenstern vorbei, dass Fremde den Altstadtbewohnern ständig in die Wohnräume gucken. Selbst Einheimische, die ihr ganzes Leben in der Altstadt verbracht haben, ergriffen die Flucht. Von 44 000 Einwohnern leben nur noch 900 in der Altstadt. Dazu kommt die Stillosigkeit einiger Besucher, die angesichts hoher Temperaturen die Altstadt äusserst minimalistisch bekleidet entdecken wollen. Seit 2016 werden zu leicht bekleidete Touristen zur Kasse gebeten: Bis zu 290 Franken kostet es, oben ohne zu flanieren. Also Männer: Lasst euer T-Shirt an! Und an die Dame, die vor mir auf der Stadtmauer wandelte: Es darf etwas mehr als ein Nichts aus Chiffon sein, welches den Allerwertesten bedeckt.
Anreise: Ab Zürich beispielsweise mit Croatia Airlines, ab etwa 215 Fr.
Geld: 1 Fr. = 6,48 Kuna
Hotel: 15 Gehminuten von der Altstadt: «Bellevue». Das Boutique-Hotel liegt an der Steilküste mit Badebucht. Etwas ausserhalb, aber mit Buslinie 4 gut erreichbar, liegt das «Dubrovnik Palace», ebenfalls an der Küste, mit Tauchschule, eignet sich auch gut zum Schnorcheln.
Sehenswürdigkeiten: Wer die Stadtmauer besuchen möchte, sollte für einen Tag eine Dubrovnik Card (190 Kuna = 29 CHF) kaufen, sie enthält den Eintritt auf die Mauer, Museen und Galerien sowie den ÖV. www.dubrovnikcard.com
Mit der Seilbahn auf den Hausberg Srd (Erw. 140 Kuna, Kinder 60 Kuna hin und zurück), www.dubrovnikcablecar.com, am Abend bilden sich Schlangen, also rechtzeitig da sein.
Der Eintritt in das sehenswerte Museum des Unabhängigkeitskampfes beträgt 30 Kuna.
Bootsfahrt auf die Insel Lokrum ab Altstadthafen 120 Kuna für Erwachsene,
25 Kuna für Kinder. Lokrum ist aufgrund seines Klimas Naturreservat und beheimatet einen botanischen Garten, Badesachen nicht vergessen! www.lokrum.hr
Tipp: Antea Glumac führt seit 1985 Gäste durch Dubrovnik und weiss viel über die wechselvolle Geschichte der Stadt zu berichten. Eine zweistündige Gruppenführung kostet 600 Kuna (= 93 CHF). anteaglumac@yahoo.com
Verpflegung: Gute Sandwichs im «Skola» in der Antuninska 1, sehr gute Glace im «Dolce Vita» in der Nalješkoviceva 1A.
Ausserhalb der Altstadt: sehr gute Meeresfrüchte bietet das Terrassenrestaurant Tavern Maslina im Hotel Dubrovnik Palace, mit Buslinie 4 bis zur Endstation.
Weitere Infos: www.croatia.hr, www.tz dubrovnik.hr
Literatur: «CityTrip Dubrovnik» von Daniela Schetar und Friedrich Köthe enthält alles Wichtige über die Altstadt und deren Geschichte.
Diese Reise wurde unterstützt von der Kroatischen Zentrale für Tourismus