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Schweiz
Von der Banknotenserie aus den Siebzigerjahren sind heute noch Noten im Wert von über einer Milliarde Franken im Umlauf. In drei Jahren ist das Geld wertlos. Nun reagiert der Bundesrat.
Maurizio Minetti
Wenn die Schweizerische Nationalbank am 10. Mai die neue Zwanzigernote enthüllt, wird sich die Aufmerksamkeit auf den kunstvoll gestalteten und mit allen Sicherheitsmerkmalen geprägten neuen Geldschein richten. Manch einer wird sich aber vielleicht mit Wehmut an jenen hellblauen Zwanziger erinnern, den er in seiner Jugend in den Händen hielt. Oder an den dunkelblauen Hunderter mit dem Porträt des schnauzbärtigen Architekten Francesco Borromini. In Erinnerung bleibt auch der violette Tausender, den der Ausdruck «Ameise» geprägt hatte.
«Borromini» und die «Ameise» sind Scheine der sechsten Banknotenserie, welche die Schweizerische Nationalbank ab 1976 eingeführt hatte. Am 1. Mai 2000 wurde die von Ernst und Ursula Hiestand gestaltete Serie zurückgerufen. Diese Noten sind seither keine offiziellen Zahlungsmittel mehr. Allerdings können sie noch bis zum 30. April 2020 zum vollen Nennwert umgetauscht werden. Eine Pflicht zur Rücknahme der Noten hat nur die Nationalbank, doch nehmen auch Banken zurückgerufene Noten entgegen und tauschen sie dann bei der Nationalbank um. Ab dem 1. Mai 2020 sind diese Noten aber nur noch Altpapier.
Ein Blick in die Statistik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zeigt, dass von dieser Serie zwar seit dem Rückruf im Jahr 2000 Noten im Wert von rund 2,6 Milliarden retourniert wurden – gleichzeitig horten aber offensichtlich noch viele Leute Borromini und Co. unter der Matratze. Wie dem vor zehn Tagen veröffentlichten Geschäftsbericht der SNB zu entnehmen ist, waren per Ende 2016 Banknoten im Wert von 1,1 Milliarden Franken im Umlauf, die in drei Jahren wertlos sein werden (siehe Grafik).
Der Betrag, der bis 2020 nicht retourniert wird, ist aber nicht verloren. Die SNB ist gemäss Gesetz verpflichtet, ihn dem Schweizerischen Fonds für Hilfe bei nicht versicherbaren Elementarschäden zu überweisen (siehe Zweittext).
Dass abgelöste Banknotenserien hierzulande nur 20 Jahre lang umgetauscht werden können, ist ziemlich einzigartig. In den meisten Euroländern, in Grossbritannien und in den USA gibt es keine Umtauschfrist. Deutsche Mark und österreichische Schilling kann man heute noch eintauschen. «Der schweizerische Weg kommt faktisch einem Enteignungsbeschluss gleich», kritisiert der Genfer Nationalrat Manuel Tornare (SP). Er fordert in einer Interpellation, die er vor einem Jahr eingereicht hat, die Aufhebung der 20-jährigen Umtauschfrist. Bislang ist der Vorstoss nicht im Rat behandelt worden.
Für Tornare sind vor allem die ausländischen Arbeitnehmer Opfer der bestehenden Praxis, weil diese Gastarbeiter teilweise in ihr Herkunftsland zurückgekehrt sind und Banknoten alter Serien aufbewahrt haben. «Im Zeitalter der Globalisierung könnte sich das Problem im Zusammenhang mit den ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern noch verschärfen», warnt er. «Die Schweiz muss sich den internationalen Standards angleichen und nicht den Alleingang gehen.» Personen, die ihre Ersparnisse zur Seite gelegt hätten, dürften nicht bestraft werden, sagt Tornare.
Der Bundesrat spricht in seiner Antwort vom August 2016 von einer relativ langen Frist, die es allen Besitzern ermögliche, alte Banknoten umzutauschen. «Von einer zu langen Frist sah der Gesetzgeber ab, um zu vermeiden, dass im Publikum eine Gleichgültigkeit bezüglich Rückruf entsteht, die für den Rückfluss der Noten schädlich wäre», so die Stellungnahme der Regierung. Ein weiterer Grund für eine Begrenzung der Rücknahmepflicht sei die technologische Entwicklung, welche die Gefahr von Fälschungen für alte Serien steigen lasse.
Doch Bundesbern blieb in den letzten Monaten nicht untätig. Die Interpellation von Manuel Tornare war Auslöser für intensive Gespräche zwischen dem Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) und der Nationalbank. Es steht die Frage im Raum, ob die Frist von 20 Jahren für den Umtausch alter Banknoten aufgehoben werden soll.
Diese Gespräche konnten mittlerweile abgeschlossen werden, wie das Finanzdepartement bestätigt. Zum Ergebnis machen die Beteiligten allerdings keine Angaben. EFD-Sprecher Roland Meier gibt sich zum Thema sibyllinisch: «Das Geschäft ist bereit für den Bundesrat, welcher autonom die Traktandenliste seiner Sitzungen bestimmt.» Wie aus Bundesbern zu hören ist, wird der Bundesrat noch im April über den Entscheid informieren. Dies deutet darauf hin, dass eine Kursänderung bevorstehen könnte.