Strafverfolger sollen die Möglichkeit erhalten, in private Computer einzudringen. Dagegen formiert sich jetzt breiter Widerstand.
Sechs «Piraten» sassen auf der Tribüne des Ständeratssaals – und trauten ihren Augen und Ohren nicht, wie das Stöckli das «Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs» (Büpf) total revidierte. Er entschied ohne grossen Widerstand, die Telekommunikationsanbieter zu verpflichten, sämtliche E-Mails, Gesprächsverbindungen und IP-Adressen der besuchten Webseiten nicht nur wie bis anhin während sechs Monaten aufzubewahren, damit Strafverfolger nötigenfalls darauf zurückgreifen können. Sondern ein Jahr lang.
Das war am vergangenen Montag; am kommenden Mittwoch möchte der Ständerat das Büpf fertig beraten. Alles deutet darauf hin, dass auch der zweite heiss umstrittene Punkt durchkommt: die Möglichkeit für Strafverfolger, mit Staatstrojanern in private Computer einzudringen.
So lange mag die Piratenpartei Schweiz, deren sechsköpfige Delegation den Beginn der Debatte im Ständerat verfolgt hat, nicht warten. Sie ist jetzt schon daran, eine Demonstration gegen den staatlichen Eingriff in die Privatsphäre zu organisieren. Diese soll möglichst im Mai stattfinden, noch bevor der Nationalrat voraussichtlich im Juni das Büpf berät, wie Denis Simonet bestätigt.
«Es gibt nur sehr wenige Politiker, die eine Ahnung von IT haben. Dem grössten Teil fehlt die Sensibilität für das Thema komplett», pflichtet Franz Grüter bei. Der Präsident der Luzerner SVP und Chef des Telekom-Unternehmens Green.ch ist überzeugt, dass die Schweiz mit dem neuen Büpf ihren Standortvorteil im Internet gefährdet. Sie gehe «einen Schritt hin zu einer Überwachung», wie sie beispielsweise die USA pflegten.
Der Luzerner hat bereits vor einem halben Jahr angekündigt, das Referendum zu ergreifen, wenn die Vorlage nicht geändert wird. Nun will er seinen Plan so weit vorantreiben, dass die Unterschriftensammlung gleich nach einem allfälligen Ja des Nationalrats beginnen kann. Dabei kann er auf die Unterstützung der jungen SVP zählen, deren Präsident Anian Liebhard ebenfalls ankündigt, nach dem Ständeratsentscheid Vollgas geben zu wollen.