Start-ups schlägt zurzeit so viel Goodwill entgegen, dass es schwierig ist, die Übersicht zu behalten. Gelder von Pensionskassen und Privaten sollen fliessen. Auch auf die Nationalbank-Milliarden wird geschielt.
Balz Bruppacher
«Wir wollen Unternehmer züchten», sagte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann Anfang Juli in der «NZZ am Sonntag» und kündigte die Gründung einer Stiftung an, die Jungunternehmen finanziell unter die Arme greifen will. Hat der gleiche Bundesrat nicht erst kürzlich, in der März-Session des Nationalrats, erklärt, ein staatlicher Beteiligungsfonds komme für den Bundesrat nicht in Frage? Und gibt es mit dem Projekt «Zukunftsfonds Schweiz» nicht schon detaillierte Pläne für die Bereitstellung von Risikokapital zu Gunsten von Start-ups?
Was auf den ersten Blick als Widerspruch erscheint, ist in Tat und Wahrheit komplizierter. So will die von Schneider-Ammann angekündigte «Swiss Entrepreneurs Foundation» keine öffentlichen Gelder bereitstellen, sondern soll mit einer halben Milliarde Franken aus der Privatwirtschaft aktiv werden. Der Wirtschaftsminister will das Patronat übernehmen und sieht seine Rolle als die eines Katalysators. Die Promotoren des «Zukunftsfonds Schweiz» – er basiert auf Ideen des früheren Roche-Finanzchefs Henri B. Meier, die vom Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber in die Politik getragen wurden – haben demgegenüber die langfristigen Anlagen der Pensionskassen im Visier.
Gemeinsam ist diesen und bereits bestehenden Initiativen und Fonds (siehe Box unten rechts) das Ziel, Risikokapital für Jungunternehmen bereitzustellen und die Rahmenbedingungen für diese Firmen zu verbessern. Es geht auch darum, erfolgreichen Start-ups ein Umfeld zu schaffen, das es ihnen ermöglicht, mit ihren hochwertigen Arbeitsplätzen in der Schweiz zu bleiben. Ihnen soll hiesiges Kapital zur Verfügung stehen, mit dem sie das sogenannte «Tal des Todes» zwischen Firmengründung und kommerziellem Erfolg durchschreiten können.
Der Überblick über die verschiedenen Projekte wird noch dadurch erschwert, dass auch die Nationalbank beziehungsweise deren enorm hohe Devisenbestände als Quelle für Investitionen ins Spiel gebracht werden. Vor allem seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses im Januar 2015 haben die Forderungen zur Schaffung eines Staatsfonds aus Mitteln der Nationalbank wieder Auftrieb erhalten. Der Transparenz nicht förderlich ist schliesslich auch der Umstand, dass auf politischer Ebene drei verschiedene Departemente für die Beurteilung der Fondsideen zuständig sind und sich mit unterschiedlichem Tempo an die Arbeit machten.
So hat der Bundesrat seinen für das erste Halbjahr 2016 in Aussicht gestellten Bericht zur Umsetzung der 2014 überwiesenen Motion Graber für die Schaffung eines «Zukunftsfonds Schweiz» noch nicht verabschiedet. Weil es um Pensionskassengelder geht, ist das Innendepartement EDI von Bundesrat Alain Berset zuständig. Das Finanzdepartement von Ueli Maurer hat demgegenüber im vergangenen Dezember im Namen des Bundesrats einen Bericht zu einem weiteren Vorstoss von Ständerat Graber vorgelegt. Es geht um das im Juni 2015 überwiesene Postulat «Zukunftsperspektiven für die Schweiz». Der Bundesrat erteilt der Idee eines Staatsfonds mit den SNB-Devisenreserven eine klare Absage. Das Wirtschaftsdepartement Schneider-Ammann ist für den Ende März dieses Jahres veröffentlichten Bericht zuständig, mit dem das Postulat von Nationalrat Fathi Derder (FDP/VD) «Für eine bessere Entwicklung innovativer Jungunternehmen» erfüllt wird. Unter anderem mit folgendem Fazit: «Beim prozentualen Anteil der Risikokapitalinvestitionen am BIP belegt die Schweiz im europäischen Vergleich den zweiten Rang, weist aber insbesondere gegenüber den führenden Ländern Israel und USA einen deutlich tieferen Anteil aus.»
Mit der Frage eines Beteiligungsfonds aus Mitteln der Nationalbank muss sich auch das Departement Schneider-Ammann nochmals befassen, weil der Nationalrat gegen den Willen des Bundesrats im letzten März ein Postulat von CVP-Präsident Gerhard Pfister (ZG) für einen «Swiss Fund» überwiesen hat.
Das Parlament ist aber im Stande, sich bei der Förderung von Jungunternehmen selber in den Fuss zu schiessen. In der Sommersession scheiterte eine parlamentarische Initiative zur privilegierten Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen an Start-ups im Nationalrat.
Vielen bürgerlichen Politikern passte es offenbar nicht, dass der Vorstoss aus der Küche der SP-Politikerin Jacqueline Badran (ZH) stammte.