DEBATTE: Sie wollen die «Salle» zum Erfolg bringen

Die Alternativkultur begegnet der Salle Modulable mit erstaunlich viel Goodwill. Exponenten wollen dem Inseli-Standort eine Chance geben. SP und Grüne dagegen lehnen diesen ab.

Hugo Bischof
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Florian Paul Koenig (links) und Attila Maria Wittmer. (Bild: PD)

Florian Paul Koenig (links) und Attila Maria Wittmer. (Bild: PD)

Hugo Bischof

Die Salle Modulable steht im Gegenwind – spätestens seit der Landschaftsschutzverband Innerschweiz vehementen Widerstand gegen den Standort Inseli Süd angekündigt hat (Ausgabe vom 26. April). Was nun? Die Projektverantwortlichen führten im April zwei grosse Infoveranstaltungen im Südpol durch, wo sie ihre Pläne darlegten und auch kritische Fragen beantworteten.

Dabei gabs durchaus kritische bis abschätzige, gar nörglerische Kommentare zu dem von vielen als «elitär» und «zu abgehoben» empfundenen Projekt Salle Modulable. Diese Reaktionen blieben aber zum Erstaunen vieler marginal. Auf der anderen Seite gabs aus dem Lager der potenziellen Kritiker verblüffend viele konstruktive, kreative, teils visionäre Anregungen zur Salle Modulable.

Von Frontalopposition von Seiten der Nicht-Etablierten also keine Spur. Das mag einerseits daran liegen, dass die Projektverantwortlichen in weiser Voraussicht Vertreter der freien Theater- und Tanzszene und des Südpols in die bisherige Planung einbezogen haben. Andererseits ist es der erneute Beweis dafür, dass die alternative Kulturszene Luzern und Zentralschweiz lebt und um gute Ideen nie verlegen ist.

Nicht nur «Faust im Sack» machen

Ein interessantes Beispiel ist ein Kunstprojekt, das sich sinnigerweise Salle Mobile nennt. Lanciert worden ist es von den beiden jungen Luzerner Kunstschaffenden Attila Maria Wittmer und Florian Paul Koenig. Sie markierten ihr Anliegen schon an den Info-Abenden im Südpol und versuchen nun auf verschiedenen Wegen, eine «unaufgeregte Diskussion» zum Projekt Salle Modulable in Gang zu bringen. Dazu gründeten sie eine Website und eine Facebook-Seite. Zudem animieren sie mit Anlässen auf dem Inseli Interessierte und Passanten zum Mitdiskutieren. Eine erste «Salle Matinée» – ein «gemütliches Zusammentreffen zum Tanzen, Diskutieren und Plaudern» – fand vergangenen Samstagnachmittag statt.

Die Meinungen der Salle-Mobile-Initianten, nachzulesen auf ihrer Web- und Facebook-Seite, sind spannend und anregend. «Uns stört, dass viele die Faust im Hosensack machen, selbst aber nicht engagiert sind, das Projekt zu reflektieren oder mitzudiskutieren», heisst es etwa. Oder: «Lasst uns aufhören zu streiten, Visionen brauchen Mut, bringen aber auch viel Angst mit sich. Wir Luzernerinnen und Luzerner können viel gewinnen, aber auch viel verlieren. Daher braucht es Zusammenhalt und eine gute Portion Ehrgeiz.»

Es braucht zuerst Wettbewerb

Auch auf die massive Kritik am angeblich «viel zu grossen Gebäudevolumen» der Salle beim Inseli reagiert Salle Mobile. «Momentan haben wir keine Ahnung, wie die Salle Modulable wohl ausschauen würde», schreiben sie. «Dafür braucht es zuerst einen Architekturwettbewerb, denn die zurzeit vorliegende Illustration der Firma Arup zeigt lediglich das nötige Volumen des Gebäudes.» Dann folgt der bemerkenswerte Satz: «Über die Hülle des Theaters kann also nur spekuliert werden, weshalb wir uns doch die Chance geben sollten, die Katze aus dem Sack zu nehmen. Dafür braucht es den Projektierungskredit, worüber die Luzernerinnen und Luzerner im November abstimmen werden.» Genau genommen wird am 27. November in der Stadt Luzern über den Baurechtsvertrag für die Salle abgestimmt. «Mit einem Ja wird noch kein Gebäude gebaut, aber die Möglichkeit gegeben, weiterzudenken», so die Initianten.

«Wir glauben», heisst es danach weiter, «dass nach einer Ablehnung nach dem Architekturwettbewerb und der Erkenntnis, dass Luzern die Salle wirklich will, sie aber aus triftigen Gründen nicht auf dem Inseli realisierbar ist, der Trust womöglich beweglicher sein wird, als wir denken. Dies gäbe, nach einer unaufgeregten Diskussion, die Möglichkeit, wieder an neuen Standorten zu planen ...» Ob das Wunschdenken oder Realität ist – das sei hier offen gelassen.

Der Enthusiasmus, die Offenheit und gedankliche Breite, mit denen die Salle-Mobile-Denker das Projekt begleiten, ist bemerkenswert. Von «neuen Formen der Benützung» schreiben sie im Zusammenhang mit der Salle, einer offenen Bühne etwa, «bei der sich das Volk auf dem Inseli sehr wohl versammeln würde». Auch von einer «Salle Digitale», die «lediglich in den Köpfen, nicht aber baulich in Luzern entsteht», ist einmal die Rede. Dabei handelt es sich um eine Idee mit Webcams, wo jeder Besucher eine Kamera mieten könnte und so ­einen individuellen Blick hätte.

Abstimmung auch über Alpenquai?

In die Debatte eingeschaltet haben sich nun SP und Grüne. In der präsentierten Form auf dem Inseli sei eine Salle Modulable «nicht denkbar», teilte die SP bereits vor einer Woche mit. «Viele Fragen zum Inhalt bleiben unbeantwortet und bedürfen breiter Diskussion.» Man wolle dennoch Hand bieten, «aber nur, wenn ein mehrheitsfähiges Projekt vorliegt». Die SP hat allerdings klare Forderungen. Im Communiqué heisst es: «Die SP ist dezidiert der Haltung, dass das neue Theater ein qualitativ hochstehendes Dreispartentheater sein muss, das sich in erster Linie an die einheimische Bevölkerung richtet und ansässigen Kulturschaffenden eine Perspektive bietet. Ohne festes Ensemble und Einbezug der Freien Szene wird dies kaum möglich sein. Die Produktionen müssen primär auf dem Platz Luzern entstehen.»

Auch der Standort Inseli passt den Linken nicht. «Das heutige Inseli wird von der Luzerner Bevölkerung als lebendiger Begegnungsort am Wasser sehr geschätzt, und eine Überbauung würde kaum goutiert werden», heisst es in der SP-Mitteilung. Die SP würde eine Salle Modulable am Alternativstandort beim Alpenquai bevorzugen. Gemeinsam mit den Grünen fordert sie nun in einem gestern veröffentlichten Dringlichen Vorstoss, diesen Standort in die Planung zu integrieren. Die Stadtluzerner Bevölkerung soll bei der geplanten Volksabstimmung im Herbst nicht nur über das Inseli, sondern auch über die Variante Schotterplatz Ufschötti entscheiden können.

«Kein Spaziergang»

Finanzierung hb. Beim Projekt Salle Modulable wird mit Gesamtkosten von 208 Millionen gerechnet. Darin inbegriffen sind 160 Millionen für den Neubau, die Aufwertung des Inselis, den Ausbau der Luzerner Theater-Werkstatt und des Kulturzentrums Südpol sowie 20 Millionen Baurechtswert für das Grundstück, das der Stadt Luzern gehört. 80 Millionen sind durch die Schenkung des 2010 verstorbenen Christof Engelhorn gedeckt. Weitere Privatpersonen, Unternehmen sowie Stiftungen sollen zusätzliche 35 Millionen beitragen. Hubert Achermann, Präsident der Stiftung Salle Modulable, ist überzeugt, dass es gelingen wird, das Geld zu sammeln – «auch wenn das kein Spaziergang wird». Konkrete Gespräche müssen noch geführt werden. Achermann betont: «Ich habe von potenziellen Geldgebern sehr positive Signale.» Namen will er nicht nennen. «Wir wollen verhindern, dass sich mögliche Geldgeber von uns, der Öffentlichkeit oder den Medien unter Druck gesetzt fühlen.» Die restlichen Kosten übernehmen Kanton und Stadt Luzern.

Hinweis

Die Diskussionsinhalte der Gruppe Salle Mobile finden sich auf der Website www.sallemobile.lu