ROTHENBURG: Mediziner auf vier Pfoten

Prisca Kaufmann aus Rothenburg therapiert mit Labrador Nala Kinder. Künftig sollen Hunde kranke Menschen noch viel stärker unterstützen – und im Notfall gar Leben retten können.

Astrid Longariello
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Prisca Kaufmann mit ihrem Sohn Leandro und Hündin Nala. (Bild: Corinne Glanzmann (Rothenburg, 3. März 2017))

Prisca Kaufmann mit ihrem Sohn Leandro und Hündin Nala. (Bild: Corinne Glanzmann (Rothenburg, 3. März 2017))

Astrid Longariello

astrid.longariello@luzernerzeitung.ch

Als sich Prisca Kaufmann (36) vor gut fünf Jahren entschloss, sich einen Hund zuzulegen, stand für sie fest, dass dieser Hund nicht einfach nur für sie und ihre Familie da sein sollte. Sie wollte ihn auch für Therapien einsetzen. So absolvierte sie mit ihrer inzwischen viereinhalbjährigen Labradorhündin Nala 2016 die Ausbildung zum Sozialhundeteam bei der Blindenhundeschule Allschwil.

Seither besucht das Team Prisca und Nala regelmässig freiwillig und unentgeltlich Menschen, denen ein solcher Besuch guttut. Die Einsatzgebiete der sogenannten Sozialhunde sind sehr vielseitig. Dies können Alters- und Pflegeheime, heilpädagogische Sonderschulen, Heime für Behinderte, psychiatrische Kliniken, Kindergärten und Schulen sein. Aber auch in Familien, die schwere Schicksalsschläge erlebt haben oder in denen kranke Kinder leben, können Hunde helfen. «Ich habe festgestellt, dass Nala und ich uns am besten für Einsätze mit Kindern eignen, denn Nala liebt Kinder über alles», sagt Kaufmann. Am meisten zieht es sie zu Kindern mit seltenen Krankheiten oder anderen Beeinträchtigungen hin.

Kinder verlieren die Angst schnell

Die Kinder würden sehr schnell die Angst vor Hunden verlieren, und meist gehe es ihnen nach dem Besuch des Hundes besser, erzählt Kaufmann. «Oft können Kinder, deren Alltag nicht immer einfach ist, für einen Moment ihre Sorgen vergessen und in eine andere Welt eintauchen. Es ist unglaublich, wie viele schöne und unschätzbar wertvolle Momente wir mit den Kindern erleben.» Diese würden es geniessen, mit Nala zu spielen – beispielsweise ihr einen Ball zuzuwerfen oder ein Leckerli zu geben. Andere dagegen wollen einfach nur mit der Hündin kuscheln. Es gebe auch Fälle, in denen Hunde bei Menschen eine messbare medizinische Verbesserung ausgelöst hätten.

Hilfe bei epileptischen Anfällen

Nebst der Arbeit mit ihrer Therapiehündin ist Kaufmann auch im gemeinnützigen Verein Epidogs for Kids tätig. Dieser wurde 2014 ins Leben gerufen, weil es immer noch sehr seltene Formen von Epilepsie gibt, die unerforscht sind und bei denen kein Medikament hilft, um anfallsfrei zu werden. Aufgrund von persönlichen Erfahrungen mit einem Epilepsie-Begleithund sei der Verein entstanden.

«Hunde haben einen sehr viel besseren Geruchssinn und sensiblere Intuitionen als Menschen und können minimale Veränderungen im Stoffwechsel oder kleinste Anzeichen einer körperlichen Abweichung sehen, riechen oder spüren, lange bevor wir diese überhaupt wahrnehmen», sagt Kaufmann. Ziel sei es, dass ein Hund einen Anfall anzeigen kann, bevor dieser kommt. In diesem Fall muss er die Person warnen und in der Not helfen. Sie habe bereits selbst gesehen, wie hilfreich Epilepsie-Begleithunde sein könnten. «Die Mutter eines Buben mit einem Gendefekt muss stets auf der Hut sein, dass dessen Körpertemperatur nicht zu hoch ansteigt, da er sonst epileptische Anfälle hat», erzählt Kaufmann. «Bemerkt sie den Temperaturanstieg, zieht sie den Jungen jeweils sofort aus. Als sie einmal nicht gleich handelte, reagierte der Hund und zog das Kind selbst aus», so Kaufmann.

Für die Ausbildung zum Epilepsie-Begleithund ist es wichtig, dass Hunde eine sehr enge Bindung zu ihren Bezugspersonen haben. Sie werden daher idealerweise bereits als Welpen in ein Umfeld mit einem betroffenen Menschen platziert und so von Anfang an für die Anfälle sensibilisiert. Der Verein Epidogs möchte nun in der Schweiz wohnhafte Familien mit von Epilepsie betroffenen Kindern animieren und unterstützen, sich einen Epilepsie-Begleithund anzuschaffen. «Wir möchten aber auch wissenschaftliche Studien in Bezug auf die Therapie mit Hunden vorantreiben sowie den ‹Epidog› als offiziellen und lebensrettenden Partner im Alltag etablieren», sagt Kaufmann, die demnächst selbst als Vorstandsmitglied des Vereins fungieren wird.

Den Hund nicht überfordern

Ein wichtiger Punkt in der Arbeit mit den Hunden bleibt für Kaufmann jedoch der Hund selbst. «Wir müssen den Hund stets gut beobachten und ihn keinesfalls überfordern. Der Hund wird durch seine Arbeit sehr gefordert und müde. Sobald sich Anzeichen der Überforderung zeigen, muss man sofort abbrechen. Der Hund soll und muss noch Hund bleiben dürfen.»

Hinweis

www.smart-dog.ch

www.epidogsforkids.ch