Bis vor einigen Jahrzehnten waren Tristen in der Zentralschweiz weit verbreitet. Heute werden sie auch in Ob- und Nidwalden nur noch vereinzelt erstellt.
Auch im Kanton Obwalden sind Tristen zu einem raren Anblick geworden. Martin Amgarten vom Amt für Landwirtschaft und Umwelt Obwalden sind noch zwei Gruppen bekannt, die das Tristnen pflegen.
So erstellt die Hegegemeinschaft der Giswiler Jäger noch einzelne Tristen im Alpstreugebiet Horlachen oberhalb von Giswil. In der Altjahrwoche bringen die Giswiler Jäger einen Teil der Streuetristen mit den traditionellen Hornschlitten zu einem nahen Hof. Der Rest der Tristen wird dem Wild als Winterfutter überlassen.
In Sachseln gibt es einen Tristenclub, der während des Sommers Bergheu mäht, dieses an einer Triste lagert und die Triste Anfang Herbst an einem Tristenfest versteigert. «Wer heute noch Tristen erstellt, macht dies zumeist zur Erhaltung eines alten Kulturgutes», hält Martin Amgarten fest.
Ähnlich sieht es in Nidwalden aus. «Ob und in welchem Umfang Tristen im Kanton Nidwalden noch erstellt werden, können wir nicht abschliessend beurteilen», sagt Rainer Dipper vom Amt für Landwirtschaft des Kantons Nidwalden. Am ehesten sei denkbar, dass in den Wildheugebieten noch vereinzelt Tristen erstellt werden. Erfahrungsgemäss werde heute aber das Heu aus abgelegenen Gebieten zumeist mittels Seilen direkt abtransportiert und anschliessend in Ställen gelagert. Tristen wurden früher auch in tieferen Lagen in grosser Zahl erstellt. Dort wurde vor allem die Streue in den Feuchtgebieten zu solchen «Open-Air-Depots» zusammengetragen.
Praktisch überall dort, wo Streurieder waren, wurden auch Tristen gebaut. Aufgrund der Mechanisierung und wegen der grossen Lagerkapazitäten in den Scheunen führt man heute auch die Streue nach der Trocknung in den allermeisten Fällen direkt heim. So entfällt das mehrmalige Herumführen. Als Folge davon ist auch der Anblick von Streuetristen in der Landschaft zu einer Rarität geworden.
Tristen, das sind jene rund drei bis fünf Meter hohen birnenförmigen Heuhaufen, die bis vor wenigen Jahrzehnten in vielen Gebieten des Alpen- und Voralpenraums verbreitet waren. Aufgrund der veränderten Bewirtschaftungsmethoden sieht man diese formschönen und einst landschaftsprägenden Gebilde heutzutage auch im übrigen Gebiet der Zentralschweiz fast nirgends mehr. Noch vor einigen Jahrzehnten war dies ganz anders.
Ein Bauer aus dem Grenzgebiet Schwyz/Zug weiss zu berichten, dass in früheren Zeiten praktisch die ganze Ebene von Rothenthurm im Herbst und im Winter voller Streuetristen war. Dem interessanten Aufsatz «Alpwirtschaft und Wildheuen im Erstfeldertal» aus dem Jahr 1945 von Alois Blättler ist zu entnehmen, dass auf der linken Talseite des Erstfeldertals vor 70 Jahren jeden Herbst noch rund 25 bis 30 Wildheutristen erstellt wurden.
Das fast vergessene Bauernhandwerk des «Tristnens» scheint aber durchaus zu interessieren. Im vergangenen Herbst stiess jedenfalls ein sogenannter Tristentag auf dem Zugerberg oberhalb von Walchwil bei Gästen und Passanten auf sehr guten Zuspruch.