Noch rund vier Monate, dann fährt die steilste Standseilbahn der Welt auf den Stoos. Diese Woche wurden Tests zur Justierung der Neigungseinstellungen durchgeführt – mit Erfolg.
Erhard Gick
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47,7 Grad oder 110 Prozent werden die beiden futuristischen Stooskabinen in rund vier Monaten vom Schlattli auf den Stoos zu überwinden haben. Von dieser enormen Steigung, die sich fast senkrecht anfühlt, werden die Passagiere allerdings kaum etwas zu spüren bekommen. Die Kabinen werden immer ausnivelliert.
Die Frage, mit der sich diese Woche die beiden Garaventa-Verantwortlichen, Projektleiter Ueli Sutter und der technische Projektleiter Markus Reichmuth, beschäftigten, war indessen, ob die beiden Kabinen den Neigungsformtest bestehen würden.
Ueli Sutter von der Garaventa AG in Goldau sagte: «Alle Test verliefen sehr positiv. Die in leerem Zustand und einseitig mit Gewicht belasteten Tests der Kabinen verliefen zu unserer vollen Zufriedenheit. Die Kabinen haben, wie auf dem Reissbrett berechnet, auch in der steilsten Phase problemlos den Niveauausgleich bestanden.» Auf einer Schienenanlage seien die unterschiedlichen Neigungswinkel des 1738 Meter langen Bahntrassees simuliert worden, erklärte Ueli Sutter. Die Stoosbahn sei zwar nicht die erste Bahn, die das Niveau ausgleiche, aber «sie ist die erste Bahn, die mit so viel und einer ausgeklügelten Technik ausgerüstet ist. Und sie ist die erste Bahn der Welt, bei der sich die Kabinen drehen», so Sutter weiter.
Zu den Tests auf dem Gelände der Christen AG im Küssnachter Fänn wurde eigens ein Pneukran installiert. Mit dem Kran wurden die Kabinen der neuen Bahn auf 47,7 Grad Neigung angehoben. 27 Tonnen wiegt eine Kabine. «Das Problem ist die Steilheit und dass die Kabinen in dieser Steilheit kreuzen können. Dabei werden enorme Kräfte freigesetzt», erklärte Ueli Sutter. Um dem entgegenzuwirken, wurden die Kreuzungen in ein seitliches Niveau versetzt. Die Kabinen werden wie ein Bob in einer Eisbahn in eine Steillage versetzt. «Würde man dies nicht tun, kippten die Kabinen seitlich weg», erklärte er das Prinzip.
Jetzt erfolgt der Finish an den neuen Kabinen. Bis Anfang Oktober werden die zwei auffällig gelben Kabinen in Küssnacht fertig zusammengebaut. Dann erfolgt der Transport über Zug, Ägeri nach Schwyz ins Schlattli. Der Umweg müsse in Kauf genommen werden, weil die Kabinen nicht überall unter Brücken und Konstruktionen hindurchpassen würden, so Ueli Sutter. Mitte bis Ende November erfolgt dann die Abnahme durch das Bundesamt für Verkehr.
Die neue Stoosbahn, die rund 52 Millionen Franken kostet, wird wieder eine Pendelbahn sein. Sie hängt bei Fertigstellung an einem 54 mm dicken Zugseil. Die maximale Fahrgeschwindigkeit beträgt 10 Meter pro Sekunden, etwa doppelt so schnell wie die heutige Stoosbahn.
Auf ihrer Fahrt auf den Stoos überwindet sie 743 Höhenmeter. 1500 Personen pro Richtung können pro Stunde befördert werden. Die Fahrzeugkapazität beträgt 136 Personen. Der Antrieb erfolgt auf der Bergstation. 261 Meter der 1738 langen Strecke fährt die Bahn auf Brücken, 560 Meter in Tunnels. Die maximale Steigung beträgt 110 Prozent. Keine Bahn dieser Welt ist steiler.