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Knapp eine Woche nach Verhandlungsabbruch beim Rahmenabkommen fragt man sich in der EU, weshalb die Schweiz die kalte Schulter zeigt. Und es werden Vergleiche zum Brexit gezogen.
Auch ausserhalb der Schweiz gibt der Verhandlungsabbruch beim Rahmenabkommen weiter zu reden. Aus London kommt Beifall. Es sei völlig richtig, dass die Schweiz dem Druck der «Eurokraten» widerstanden und vergangene Woche das EU-Rahmenabkommen abgelehnt habe, schreibt der Brexit-freundliche «Telegraph» am Montag.
Zwar ist das Nein aus Bern an Brüssel mit dem britischen EU-Austritt nicht eins zu eins vergleichbar, die Schweiz war ja nie EU-Mitglied. Mit dem Nein zu engeren Beziehungen gehen aber beide Länder auf Distanz, auch wenn dies auf den ersten Blick ihren wirtschaftlichen Interessen widersprechen könnte. «Offensichtlich läuft hier wieder eine Debatte 'Souveränität gegen Wirtschaft', ähnlich wie beim Brexit», sagt der Schweiz-Experte am European Policy Centre in Brüssel, Georg Emil Riekeles. Mit dem Verhalten der EU habe das wenig zu tun. Das ist auch die offizielle EU-Sicht.
Wirtschaftliche Folgen sind jedenfalls absehbar, lässt man den Vergleich mit dem Brexit zu. Das Handelsvolumen Grossbritanniens mit der EU brach nach Abschluss des Brexits im ersten Quartal 2021 um 23,1 Prozent ein im Vergleich zur gleichen Zeit 2018. Exporteure klagen über Kontrollen, Bürokratie und Kosten. Was der Schweiz ohne die automatische Rechtsübernahme drohen könnte, hat die EU in einem Bericht zusammengetragen: Reibungsverluste im Handel, Probleme bei Lebensmittelimporten, Probleme für den Verkauf Schweizer Medizinprodukte und für den Luftverkehr.
Trotz der Absagen aus Bern und London tönt es aus Brüssel optimistisch: «Was den Erfolg des europäischen Projekts betrifft, so glaube ich, dass der klar ist. Das ist für jeden sichtbar. Wir sehen das in unserer Antwort auf die Covid-Krise», sagte Kommissionssprecher Eric Mamer. Es gebe eine positive Dynamik. Dass aber gerade diese immer engere Verzahnung abschreckend wirken könnte auf traditionell eigenwillige Staaten mit aktuell starken populistischen Strömungen, das scheint in Brüssel kein Thema. Mamer: «Wir sind in einer sehr pro-aktiven Phase und ich glaube nicht, dass die Entscheidung, die die schweizerischen Behörden bekannt gegeben haben, irgendetwas daran ändert.» (dpa/gb)