Forschung
«Beweisstück Unterhose»: Was verrottete Unterwäsche über unsere Bodenqualität aussagt

Tausend Freiwillige haben im Garten oder auf Äckern Unterhosen aus Baumwolle vergraben. Die landwirtschaftliche Forschungsanstalt Agroscope präsentiert nun erste Resultate der aussergewöhnlichen Studie.

Ann-Kathrin Amstutz
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Es klingt im ersten Moment wie ein Witz: Im Boden vergrabene Unterhosen sollen wissenschaftliche Erkenntnisse hervorbringen? Genau dies ist aber der Fall, wie die landwirtschaftliche Forschungsanstalt Agroscope am Mittwoch auf Twitter mitteilt:

In einem gross angelegten «Citizen-Science»-Projekt unter dem Namen «Beweisstück Unterhose» wollte Agroscope die Qualität der Schweizer Böden untersuchen. Dazu haben im April 2021 rund tausend Freiwillige aus allen Landesteilen der Schweiz Baumwoll-Unterhosen und Teebeutel vergraben – unter Anleitung von Agroscope und der Universität Zürich. Dies geschah in Gärten, Wiesen, Äckern und Feldern – auf 880 Standorten in der ganzen Schweiz.

In der ganzen Schweiz wurden Unterhosen vergraben. Hier ein Pilotversuch aus dem Jahr 2019 auf dem Geländer der Agroscope in Zürich.

In der ganzen Schweiz wurden Unterhosen vergraben. Hier ein Pilotversuch aus dem Jahr 2019 auf dem Geländer der Agroscope in Zürich.

Keystone

Nun liegen die ersten Erkenntnisse vor. Anhand digitaler Scans haben die Forschenden im Labor untersucht, wie schnell die Unterhosen in den Böden verrotteten. Dabei entpuppte sich der Humusgehalt als einer der wichtigsten Faktoren für die Abbaugeschwindigkeit und damit für die Bodengesundheit.

Je mehr Humus, desto schneller ist der Abbau

«Je mehr organisches Material der Boden enthält, desto mehr Nahrung haben die Millionen von Bodenorganismen und desto schneller findet der Abbau der Unterhosen statt», lässt sich Franz Bender, Projektleiter bei Agroscope und der Universität Zürich, in der Mitteilung zitieren.

Am meisten Humus gibt es laut Bender in den privaten Gärten. Dies vor allem wegen des vermehrten Einsatzes von Kompost. Auf den landwirtschaftlich genutzten Äckern liegt der Humus-Gehalt etwa einen Viertel tiefer – entsprechend langsamer wurden die Unterhosen zersetzt.

Diese Unterhose lag nur etwa zwei Monate im Boden – und ist fast komplett verrottet.

Diese Unterhose lag nur etwa zwei Monate im Boden – und ist fast komplett verrottet.

Keystone

Die Studie hat laut Agroscope bewiesen, wie wichtig der Humusgehalt für den Wasserhaushalt des Bodens ist. Je mehr Humus vorhanden ist, desto mehr Wasser kann ein Boden speichern. Daraus folgern die Fachleute, dass man etwa beim Humusgehalt ansetzen kann, um sich in der Landwirtschaft gegen die zunehmende Trockenheit zu wappnen.

Bodenlebewesen sind zentral für Gärten und Landwirtschaft

Zudem konnten die Forschenden in der Studie eine «enorme Vielfalt an Bodenlebewesen» nachweisen. Fast 19'000 Bakterienarten und 6500 Pilzarten wurden entdeckt. Diese Organismen haben eine wichtige Funktion: Sie rezyklieren organisches Material wie alte Blätter, Gras, Dung oder auch Kadaver und wandeln es in Nährstoffe für die Pflanzen um. Sie produzieren also «Gratisdünger» für Gärten und die Landwirtschaft.