Mountainbike
Flückiger über die turbulente Zeit nach Lenzerheide-Drama: «Absicht, Frust und schlechter Charakter wurden mir vorgeworfen»

Mathias Flückiger rollt im Internet nach dem Crash mit Nino Schurter in Lenzerheide eine Welle von Hass entgegen. Der Mountainbike-Profi spricht über die vergangenen Tage und pausiert nun wegen einer Corona-Infektion.

Gabriel Vilares
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Mountainbiker Mathias Flückiger hat nach dem Crash in Lenzerheide turbulente Tage hinter sich.

Mountainbiker Mathias Flückiger hat nach dem Crash in Lenzerheide turbulente Tage hinter sich.

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«Du bist nicht normal», schrie ein emotionsgeladener Nino Schurter nach Zieleinfahrt des Cross-Country-Rennens in Lenzerheide. Die Nachricht war an Landsmann Mathias Flückiger adressiert, es folgte ein Klaps auf den Rücken – der Eklat war perfekt.

Lokalmatador Schurter bog in der Schlussrunde wenige Meter vor dem Ziel als Führender in den Zauberwald, stand kurz vor seinem 34. Weltcup-Sieg. Es wäre der alleinige Rekord gewesen – und das noch beim Heimrennen. Dicht hinter dem 36-jährigen Bündner folgte Flückiger. Im Waldstück, in dem keine Kameras positioniert waren, ereignete sich das Drama. Die beiden flogen von ihren Mountainbikes, der Traum vom Heimsieg war geplatzt.

Im Zielraum rollte Schurter unter Tränen die Geschehnisse auf: «Im Wald hat mich Mathias einfach abgeschossen. Er hatte keinen Platz, um mich zu überholen und hat es trotzdem probiert, dann hat er mich berührt. Ich hätte ziemlich sicher gewonnen. Es ist einfach traurig.»

Flückiger weist Vorwurf von sich

Flückiger wies den Vorwurf von Absicht entschieden zurück und entschuldigte sich. Der 33-jährige Berner sprach von einem «Zweikampf wie immer». Der Olympia-Zweite verwies auf die WM in Val di Sole, als er von Schurter kurz vor Schluss mit einem Überholmanöver überrascht worden war. «Bislang hat man immer nur Überholmanöver von ihm gesehen und es hat nie gekracht, weil ich nachgegeben habe. Nun schon, ich glaube, das sagt schon alles.»

Nino Schurter (rechts) sah sich von seinem Konkurrenten des Sieges beraubt.

Nino Schurter (rechts) sah sich von seinem Konkurrenten des Sieges beraubt.

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Über zwei Wochen nach dieser Affäre nimmt Mathias Flückiger zu den vergangenen Tagen in einer persönlichen Mitteilung auf seiner Website vertieft Stellung.

«Was mir allerdings besonders wehtat (neben dem verpassten Sieg), war, dass mir Absicht, Frust, schlechter Charakter und vieles mehr unterstellt wurde. Wer schon mal Rennen gefahren ist oder sich in die Situation eines Bikers versetzen kann, weiss: Man muss Entscheidungen in Sekundenbruchteilen fällen, intuitiv. Und Intuition basiert auf Erfahrung. Niemals würde ich absichtlich oder aus Frust einen Sturz verursachen.»

Danach sah sich Flückiger mit viel Wut und Hass in den Weiten der virtuellen Welt konfrontiert. Das habe den Mountainbike-Profi, der diese Erfahrung erstmals in seiner Karriere machen musste, nachdenklich gestimmt und beunruhigt. All dies wegen einer Sache, «die wirklich nicht allzu relevant ist auf dieser Welt», so der Berner.

Das Weltcup-Rennen in Lenzerheide.

Youtube

Erkältungssymptome stellen sich als Corona heraus

In der Woche nach Lenzerheide reiste Flückiger mit dem Mountainbike-Tross gleich weiter nach Vallnord in Andorra. Mit dem ganzen Rummel um seine Person kam er im Short-Track-Wettbewerb am Freitag gut zurecht, siegte gar. Am Samstag verspürte er starke Erkältungssymptome, die sich nachträglich als Corona-Infektion herausstellten, wie der 33-Jährige bestätigt.

Mittlerweile gehe es ihm wieder besser. Dennoch hat Flückiger entschieden, auf die kommenden beiden Übersee-Weltcups in Snowshoe (USA, 29. - 31. Juli) und Mont-Sainte-Anne (Kanada, 5. - 7. August) zu verzichten. «Den Weg zu meinem grossen Saisonziel, der WM, muss ich nun halt über Umwege gehen», gibt sich Flückiger abschliessend kämpferisch.

Dreimal musste er sich am Weltmeisterschaften schon mit dem zweiten Rang begnügen. Ende August soll in Frankreich der grosse Streich folgen. Hoffentlich ohne Zwischenfälle.