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Die Grundversorgung der Post ist nach Ansicht von Bundesexperten nicht mehr zeitgemäss. Sie empfehlen, Briefe künftig nur noch als B-Post zuzustellen. Die Post will hingegen weiterhin an der A-Post festhalten.
Der Post stehen grosse Veränderungen bevor. Briefmengen und Zahlungen am Schalter nehmen ab, während die Paketmengen infolge des Onlinebooms zunehmen. Zudem drohen dem gelben Riesen weitere Ertragsausfälle, sollten sich die Pläne zur Privatisierung der Postfinance verwirklichen. In welche Richtung soll sich die Post bewegen, damit sie diese Herausforderungen bewältigen kann?
Mit dieser Frage befasste sich im vergangenen Jahr eine vom Bund eingesetzte unabhängige Expertenkommission. Mit der Leitung wurde die Aargauer alt Ständerätin Christine Egerszegi beauftragt. Am Donnerstag hat die Kommission nun ihren Bericht veröffentlicht. Darin kommt sie zum Schluss, dass das «heutige Angebot bis im Jahr 2030 nicht mehr zeitgemäss ist».
Vor allem widerspiegle der Auftrag nicht mehr die veränderten Nutzungsbedürfnisse. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung fordern die Experten: «Die Grundversorgung mit Post- und Zahlungsdiensten muss modernisiert werden.»
Ein staatlicher Auftrag zur Grundversorgung sei zwar weiterhin gerechtfertigt, weil ein zuverlässiger Zugang zu Logistik, Kommunikations- und Zahlungsverkehrsdiensten wichtig sei für den gesellschaftlichen und regionalen Zusammenhalt. Gleichzeitig geben die Experten verschiedene Empfehlungen ab, um den veränderten Bedürfnissen gerecht zu werden.
Die Grundversorgungsdienste müssen laut dem Bericht weiterhin für alle zugänglich sein. Dafür brauche es nationale und einheitliche Vorgaben, die aber «technologieneutral» formuliert werden sollen. Das heisst: neu soll die Dienstleistung und nicht die Art und Weise des Zugangs im Zentrum stehen.
Im Detail schlägt die Expertenkommission insgesamt sechs «Anpassungen» vor, wobei es sich hier mehrheitlich um Vorschläge handelt, durch welche das Leistungsangebot der Post abgebaut werden soll: So will die Kommission etwa die A-Post abschaffen und die Häufigkeit bei der Briefzustellung runterfahren. Bis 2030 werde die digitale Kommunikation hierzulande stark verbreitet sein. Deshalb sei es «zumutbar, dass physische Briefe bis dahin nur noch als B-Post und drei Mal wöchentlich zugestellt werden».
Die Grundversorgung mit Briefen soll auch künftig gesetzlich an die Post übertragen werden. Weil der Wert des Restmonopols im Briefmarkt – rund 60 Millionen Franken – jedoch stark rückläufig sei, soll dieses gemäss dem Bericht aufgehoben werden.
Auch bei der Zustellung von Zeitungen sieht die Expertengruppe Handlungsbedarf. Sie zeigt sich überzeugt, dass mediale Inhalte mittelfristig hauptsächlich digital angeboten und genutzt werden. Deshalb sei auch die tägliche Zustellung gedruckter Zeitungen über 2030 hinaus «nicht mehr zeitgemäss», heisst es.
Ausbaupläne hingegen hegt die Kommission bei der Paketpost. Hier brauche die Schweiz auch im Jahr 2030 «eine flächendeckende Grundversorgung in hoher Qualität», hält die Expertengruppe fest. Deshalb empfiehlt sie, die Paketzustellung am Arbeitstag nach der Aufgabe gesetzlich zu garantieren. Ausserdem soll eine Paketzustellung an sechs Wochentagen geprüft werden.
Auch im Zahlungsverkehr sind Änderungen vorgesehen. Barzahlungen sollen nach Ansicht der Expertengruppe zwar weiterhin Teil der Grundversorgung bleiben. Aber: «Dieses Angebot kann unabhängig von Postdiensten erbracht werden». Deshalb fordert die Kommission, den Auftrag neu öffentlich auszuschreiben. Notfalls könne er auch «staatlich abgegolten werden».
Für die Umsetzung der Empfehlungen muss das Postgesetz laut den Experten revidiert werden. Dazu sollte der Bundesrat schnellstmöglich einen Grundsatzentscheid zu den Leitlinien der künftigen Versorgung treffen und eine Revision in die Wege leiten. Falls die bisherige Grundversorgung weitergeführt werde, müsste der Bundesrat die ungedeckten Kosten ab 2030 im Detail erheben und deren Abgeltung dem Parlament unterbreiten.
Die Post selber möchte die Empfehlungen der Experten noch nicht im Detail kommentieren. Sie wolle den Bericht in den kommenden Tagen zunächst eingehend studieren und sich danach äussern, heisst es in einer Mitteilung. Post-Chef Roberto Cirillo soll nächste Woche die Position des Unternehmens darlegen.
Eines sei für die Post allerdings bereits jetzt klar: «Auf die A-Post zu verzichten, ist für die Post keine Option.» Ein Verzicht auf diesen Service würde nach Ansicht des Unternehmens an den Bedürfnissen der Kunden vorbeizielen. Zudem möchte die Post auch an der Zeitungszustellung festhalten. Würde die Zustellung ab 2030 gestrichen, müssten künftig die Kundinnen und Kunden für dieses Defizit aufkommen und die Post marktgerechte Preise verrechnen. «Ob dies wünschenswert ist oder nicht, hat das Parlament zu entscheiden», heisst es.
Auch die Gewerkschaft Syndicom kann den Vorschlägen wenig abgewinnen. Diese seien «in weiten Teilen zu verwerfen», da sie den Abbau des Service public vorantreiben würden, heisst es in einem Communiqué. Syndicom kritisiert, dass die Abschaffung der A-Post Tausende von Arbeitsstellen in der Zustellung gefährde. Einzig die Idee einer digitalen Grundversorgungsinfrastruktur stösst bei der Gewerkschaft auf Zustimmung.