Rafael Nadal hat als erster Spieler den Männerfinal der Australian Open erreicht. Der Spanier verliert auch gegen Stefanos Tsitsipas keinen Satz und setzt sich 6:2, 6:4, 6:0 durch. Seine Dominanz ist furchterregend.
Seit knapp zwei Wochen dreht sich die Grand-Slam-Maschinerie nun schon unter der Sonne von Melbourne. Längst ist so ein Majorturnier ein 24-Stunden-Diskussionsbetrieb. Es gibt künstliche Skandale, echte Aufreger, mehr oder weniger faszinierende Themen, Typen und Trends. Vieles stand auch bei den Australian Open 2019 schon wieder auf der Agenda und zur Debatte. Der entscheidende Tiebreak im fünften Satz, das Kommerzdiktat beim Spielplan, die vielen Nacht- oder besser schon Morgengrauen-Matches, die tränenreiche Rückzugsankündigung von Andy Murray, Roger Federers Niederlage im Achtelfinal und, logisch, die mögliche Wachablösung an der Spitze des Herrentennis.
Doch irgendwie schien ein Name fast vergessen inmitten des ganzen Grand-Slam-Spektakels, und erst jetzt, da die Show schon auf die Zielgerade einbiegt, drängt sich ein gewisser Rafael Nadal wieder so richtig ins Bewusstsein der Tenniskarawane. Das hat allerdings auch mit der weithin geräuscharmen, diskreten Art und Weise zu tun, wie der 32-jährige Matador in den nunmehr fünften Karrierefinal bei den Australian Open vorgeprescht ist: jederzeit ungefährdet, jederzeit Herr der Lage, jederzeit Mister Zuverlässig.
Becker :«Nie war er stärker auf einem Hartplatz» Nadal war bisher furchterregend in seiner Dominanz, wie auch beim 6:2-, 6:4-, 6:0-Kantersieg über den griechischen Aufsteiger und Federer-Bezwinger Stefanos Tsitsipas (Griechenland) in der Vorschlussrunde. «Er ist in einer Bombenverfassung. Der beste Spieler im Turnierverlauf bisher», sagt TV-Experte Boris Becker, «nie war er stärker auf einem Hartplatz als gerade jetzt.» Zu spüren bekommen wird das auch Nadals Endspielgegner, ob nun der Serbe Novak Djokovic oder der Franzose Lucas Pouille – das Duo ermittelt heute morgen (9.30 Uhr, SRF zwei) den zweiten Finalisten. «Ich gehe mit richtig Selbstbewusstsein in diesen Kampf. Es passt bisher alles zusammen bei diesem Turnier», sagt der 17-fache Grand-Slam-Sieger. Mancher seiner bisherigen Centre-Court-Rivalen hatte in den Schlagzeilen gestanden, hatte auch grosse Ambitionen, bevor er auf die «Dampfwalze Nadal» («The Australian») traf. Der Tscheche Tomas Berdych etwa, glänzend in Schuss beim Comeback-Anlauf, wurde vom Mallorquiner im Achtelfinale regelrecht aus der Arena geschossen. Dem hochgehandelten amerikanischen Toptalent Frances Tiafoe (20) ging es in der Runde der letzten acht kaum besser, nach 107 Minuten Anschauungsunterricht durch den «Kannibalen» («L’Equipe») machte auch er den Grand-Slam-Abflug. Und auch Tsitsipas hatte nicht den Hauch einer Chance gegen den ungemein aggressiven, zupackenden Altmeister, mehr als sechs Spiele in knapp zwei Stunden waren nicht drin für den hellenischen Youngster.
Fit und energiegeladen wie selten Nadal wirkt in Melbourne, als habe er alle Mühseligkeiten, Beschwernisse und Zweifel der letzten Monate schlagartig hinter sich gelassen. «Es war eine komplizierte Zeit», sagt er, «aber es ist eben auch Vergangenheit.» Gleich zwei Mal hatte er 2018 seinen Grand-Slam-Titelanlauf vorzeitig abbrechen müssen, bei den US Open gab er im Halbfinal wegen Knieschmerzen auf. Aber auch in Melbourne, wo er bisher nur einmal 2009 triumphieren konnte, war vor zwölf Monaten unfreiwillig Schluss – im Viertelfinal gegen den Kroaten Marin Cilic machte Nadal die Hüfte so schwer zu schaffen, dass er tränenreich das Handtuch warf. Nun ist er fit, wirkt energiegeladen und drahtig wie selten in seinen späten Karrierejahren.»Es ist ein gutes Gefühl, wenn man ohne Sorgen spielt», sagt Nadal.