Eishockey
Aus Zuversicht wird Zerfall: SC Herisau verliert gegen Wetzikon mit 1:8

Vor 451 Zuschauerinnen und Zuschauer musste der SC Herisau eine deutliche Niederlage gegen Wetzikon wegstecken. Nun droht bereits am Dienstag das Saisonende.

Lukas Pfiffner
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Herisaus Stürmer Pascal Anderegg (in Rot) hetzt der Scheibe hinterher, der Zürcher Felix Käser (links) stellt sich in den Weg.

Herisaus Stürmer Pascal Anderegg (in Rot) hetzt der Scheibe hinterher, der Zürcher Felix Käser (links) stellt sich in den Weg.

Bilder: Lukas Pfiffner

Die unterschiedliche Wirkung und Wucht von Ausserrhodern und Zürcher Oberländern lässt sich an zwei «Material-Szenen» präzis beschreiben. Knapp 40 Minuten waren gespielt, als der Wetziker Timon Vesely auf unglaublich scharfe Art zum 1:3 traf: Die Flasche von Herisaus Torhüter Michael Ströbel flog dabei aus der Halterung, einer der Linienrichter musste die Bruchstücke zusammenlesen. Und nach dem 1:7 in der 53. Minute schlug der hochgradig frustrierte Ströbel seinen Goaliestock wiederholt gegen die Latte. Er brachte ihn aber nicht zum Zerbersten und spielte den Abend tapfer zu Ende.

Wetzikon gestaltete im zweiten Playoff-Viertelfinal im Sportzentrum Herisau zwar 45 Sekunden mit fünf gegen drei nicht erfolgreich, traf aber dreimal im «normalen» Überzahlspiel. Sieben verschiedene Akteure wurden am Samstag zu Torschützen – es war eine Demonstration der Gäste. Weiteres Merkmal der Partie: eine Frau arbitrierte als Head. Reica Staiger, die 2011 als 15-Jährige erstmals mit den ZSC-Frauen den Schweizermeister-Titel gewann, tat dies in bemerkenswerter Ruhe, auch als in der Schlussphase auf dem Eis unnötigerweise verbal und körperlich noch einige persönliche Abrechnungen erfolgten.

Die höchste Heimniederlage seit 2017

Was im zweiten Drittel aus Herisauer Sicht zeitweise durchaus ansehnlich war, löste sich im dritten Abschnitt in einer Bilanz des Grauens auf. Der SC Herisau erlitt die höchste Meisterschafts-Heimniederlage seit 59 Spielen und dem 9. Dezember 2017 (0:9 gegen Wetzikon…). Er schoss innerhalb von zwei Tagen zum zweiten Mal gegen Wetzikon nur ein Tor. Er liess am Donnerstag und Samstag 14 Strafen gegen die Zürcher verstreichen, ohne im Powerplay zu treffen (wobei sich im Sportzentrum dreimal Herisauer und Wetziker Ausschlüsse überschnitten). Er zeigte im dritten Drittel Undiszipliniertheiten und Zerfallserscheinungen, und brachte weder die spielerischen noch physischen oder psychischen Mittel auf, um die Kanterniederlage zu verhindern.

Für Momente Selbstvertrauen

Der Schuss von Nils Berni fliegt an Torhüter Michael Ströbel vorbei zum 1:7 ins Netz.

Der Schuss von Nils Berni fliegt an Torhüter Michael Ströbel vorbei zum 1:7 ins Netz.

Ob ein 1:2 (wie am Donnerstag) oder ein 1:8 (wie am Samstag): Numerisch hat das Ausmass der Niederlage in den Playoffs keinen Einfluss – es steht in der Serie einfach 0:2. Und moralisch? Darüber gehen die Meinungen jeweils auseinander. Herisau wird sich vor dem dritten Spiel in Wetzikon auf die erste Partie berufen, um das Saisonende am Dienstag zu verhindern – und auf die gute Phase am Samstag um die Spielmitte herum. Da gelang Dario Gartmann mit einem schönen Hocheckschuss der Anschlusstreffer. Herisau, das den Abend ohne den verletzten Marc Pace und weitestgehend mit drei Linien absolvierte, kam da zu ein paar durchaus schönen Angriffen. Der SC Herisau strahlte für einige Momente Selbstvertrauen und Zuversicht aus. Und es wurde laut im Sportzentrum, in dem sich (auch dank beachtlicher Gästekolonie) die Saisonrekordkulisse von 451 Zuschauern eingefunden hatte.

«Natürlich, das wäre schön»

Aber das Abschlussformat ging den Herisauern ab. Kurz nach Beginn des Schlussdrittels fuhr Luan Malici, bis zuletzt einer der Aktivposten bei den Ausserrhodern, alleine Richtung Wetziker Tor – er scheiterte im Bemühen, mit dem 2:3 zum zweiten Mal den Anschluss herzustellen. «Natürlich, ein zusätzliches Heimspiel am Donnerstag, das wäre schön», meinte Herisaus Finanzchef Oliver Schmid, der wegen anderweitiger Verpflichtungen erst im Verlauf des dritten Abschnitts eintraf. Er sah aber als erste Aktion das vierte Zürcher Tor, dem innerhalb von zehn Minuten vier weitere folgten. Das enge und disziplinierte Ringen um Positionen, Scheibenbesitz und Räume, das zunächst vorgeherrscht hatte, war nur noch sanfte Erinnerung und löste sich schliesslich ganz auf.