Gesundheitscheck und Totmann: So wollen Ostschweizer Bahnbetriebe Selbstunfälle verhindern

Wer ein Postauto steuert, muss sich regelmässig medizinisch untersuchen lassen. Auch auf den Schienen gelten solche Vorschriften. Und: noch weitere Sicherheitsmassnahmen.

Linda Müntener
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Für die Sicherheit auf den Schienen haben die Bahnbetriebe mehrere Vorschriften. (Bild: Mareycke Frehner)

Für die Sicherheit auf den Schienen haben die Bahnbetriebe mehrere Vorschriften. (Bild: Mareycke Frehner)

Den Herzinfarkt des Postautochauffeurs konnte man nicht vorhersehen. Am Donnerstagmorgen verlor er während der Fahrt nach Flums das Bewusstsein, sackte zusammen und verstarb später. Der Vorfall ist eine Ausnahme. Um gesundheitliche Notfälle möglichst auszuschliessen, gibt es bei der Postauto AG regelmässige Gesundheitschecks.

Auch bei den Ostschweizer Bahnbetrieben muss sich das Personal in der Führerkabine regelmässig untersuchen lassen, wie es auf Anfrage bei der Thurbo AG, der Schweizerischen Südostbahn AG und der Appenzeller Bahnen AG heisst. Und nicht nur das.

Lässt der Lokführer das Pedal los, ertönt ein Signal

Die Bahnbetriebe arbeiten mit einer sogenannten Totmanneinrichtung. Dieses System kontrolliert, ob eine Person anwesend und handlungsfähig ist. So muss der Lokführer während der Fahrt ein Sicherheitspedal herunterdrücken. Sobald er es loslässt – zum Beispiel, weil er bewusstlos wird –, ertönt nach wenigen Sekunden ein Signal.

Reagiert der Lokführer auf den lauten Ton nicht, löst das Sicherheitssystem automatisch eine Schnellbremsung aus. Hält er das Pedal dauernd gedrückt, werde weg- oder zeitabhängig eine Quittierung verlangt, heisst es bei der Südostbahn.

Bei Unwohlsein: Hilfe anfordern

Fühlt sich ein Lokführer unwohl, bringt er den Zug zum Stehen und holt Hilfe. «Dazu kann er die Betriebszentrale anfunken oder auch die Fahrgäste bitten. Für diesen Fall gibt es auch eine automatisierte Sonderansage», sagt Werner Fritschi, stellvertretender Geschäftsführer der Thurbo AG.

Wie die Sicherheitsmassnahmen bei den SBB aussehen, will das Unternehmen nicht beantworten. «Aus Pietätsgründen», wie es auf Anfrage bei der Medienstelle heisst.

Bund schreibt Untersuchungen vor

Festgeschrieben ist: Jeder Lokführer in der Schweiz muss sich sowohl vor seiner Anstellung als auch währenddessen medizinisch untersuchen lassen. Für diese Tauglichkeitsuntersuchungen sogenannter «Personen mit sicherheitsrelevanten Tätigkeiten im Eisenbahnbereich» hat der Bund Richtlinien herausgegeben. Diese stützen sich auf die Verordnung des eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation über die Zulassung zum Führen von Triebfahrzeugen der Eisenbahnen (VTE).

In den Richtlinien heisst es, dass Lokführer nicht unter medizinischen Bedingungen leiden sowie keine Medikamente oder irgendwelche Substanzen einnehmen dürfen, die eine plötzliche Bewusstseinseinschränkung verursachen könnten. Auch Gleichgewichtsstörungen, Anfallsleiden, schwere Formen psychischer Krankheiten sowie ausgeprägte Fettleibigkeit gehören zu den 17 Ablehnungsgründen.

Ab 60 jährlich zum Check

Nicht nur die Bewerber müssen sich einer medizinischen Untersuchung unterziehen, auch das bereits angestellte Personal geht regelmässig zu Gesundheitschecks. Durchgeführt werden diese von Vertrauensärztinnen und Vertrauensärzten, die vom Bund anerkannt werden müssen. Die Abstände zwischen den einzelnen Untersuchungen sind in der VTE definiert: Ein Lokomotivführer wird alle fünf Jahre zur Untersuchung aufgeboten, ab 40 Jahren erfolgt diese alle drei Jahre. Wer älter als 60 Jahre ist, muss sich jährlich untersuchen lassen.

«Zeigen sich bei einem periodischen Untersuch Auffälligkeiten, legt der Vertrauensarzt notwendige Auflagen, eine verkürzte Periodizität oder weitere Massnahmen wie etwa weiterführende Abklärungen bei Spezialisten fest», sagt Thomas Halter, Leiter Betrieb der Appenzeller Bahnen AG. Der Arbeitgeber werde darüber informiert, erhalte aufgrund des Persönlichkeitsschutzes jedoch keine Informationen zu den medizinischen Hintergründen.

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