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Die Staatsanwaltschaft Thurgau erhebt nach ergänzenden Untersuchungshandlungen erneut Anklage gegen Organe der Herz-Neuro-Zentrum Bodensee AG (HNZB)in Kreuzlingen. Das HNZB lässt verlauten, dass «die Vorwürfe gegen die Beteiligten haltlos sind» und unterstützt die Untersuchungen.
(pd/red) Die Staatsanwaltschaft Thurgau hatte am 12. Oktober 2018 gegen drei Organe des Herz-Neuro-Zentrums Bodensee AG (HNZB) Anklage mitunter wegen gewerbsmässigen Betrugs erhoben. Die Staatsanwaltschaft zog die Anklageschrift zwecks punktueller Präzisierungen und gleichzeitiger Beweisergänzungen im Februar 2020 zurück. Wie es in einer Medienmitteilung der Staatsanwaltschaft Thurgau jetzt heisst, sei am 14. Juli nun die Wiedereinreichung der modifizierten Anklageschrift an das Bezirksgericht Kreuzlingen erfolgt.
Im Rahmen der ergänzenden Untersuchungen wertete die Staatsanwaltschaft in Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei Thurgau zirka 1400 zusätzlich eingeholte Rechnungen aus dem Zeitraum zwischen den Jahren 2005 bis 2011 aus, in welchen die Herz-Neuro-Zentrum Bodensee AG insgesamt über 2500 Stents gegenüber den Krankenkassen in Rechnung stellte. «Gemäss Anklageschrift vom 14. Juli wird den drei Organen der Herz-Neuro-Zentrum Bodensee AG der Tatbestand des gewerbsmässigen Betrugs vorgeworfen, da die Beschuldigten diese 2500 Stents zu überhöhten Preisen gegenüber den Krankenkassen fakturiert haben sollen», so der Wortlaut der Medienmitteilung. Es wird von einem Deliktsbetrag von mindestens 3,9 Millionen Franken ausgegangen.
Wie es in der Mitteilung der Staatsanwaltschaft Thurgau abschliessend heisst, gelte die Unschuldsvermutung.
Das Herz-Neuro-Zentrum Bodensee AG (HNZB) nimmt die Anklage zur Kenntnis, wie es in in einer Stellungnahme festhält. Die Vorwürfe beziehen sich auf den Zeitraum von Ende 2005 bis 2011. «Wir begrüssen, dass sich nun das zuständige Gericht der Sache objektiv annimmt, und werden das Gerichtsverfahren vollumfänglich unterstützen», heisst es weiter.
Die Verantwortlichen seien zuversichtlich, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft vor Gericht nicht standhalten würden.
Ab Ende 2005 habe das HNZB gewisse Medizinprodukte über die Handelsgesellschaft ProVentis bezogen. In diesem Zusammenhang sei der Vorwurf laut geworden, dass ProVentis dem HNZB die Produkte angeblich zu überteuerten Preisen verrechne. «Das ist falsch. Fakt ist, dass das HNZB von ProVentis zu deutlich günstigeren Konditionen beliefert wurde, als dies durch einen Direktbezug beim Hersteller möglich war», heisst es in der schriftlichen Stellungnahme im Wortlaut. Das HNZB sei nicht in der Lage gewesen, die von ProVentis eingeräumten tieferen Preise für die betreffenden Medizinprodukte direkt zu erhalten – und das trotz intensiver Verhandlungen.
Es seien somit auch niemals Medizinprodukte zu «überteuerten Preisen» an das HNZB verkauft worden. Dies sei dadurch belegt, dass die Einkaufspreise für das HNZB umgehend ab dem Bezug über ProVentis deutlich tiefer lagen als zuvor.
Damit stehe fest, dass das HNZB dank ProVentis Produkten nachweislich zu deutlich günstigeren Preisen bezogen habe, als dies vorher überhaupt je möglich war. Ohne ProVentis hätte das HNZB, aber insbesondere auch die Krankenkassen und Patienten deutlich höhere Kosten gehabt.
Auch ein ausführliches Rechtsgutachten eines schweizerischen Strafrechtsprofessors sei zum Schluss gekommen – wie bereits 2014 die SWICA – dass die Vorwürfe gegen die Beteiligten haltlos seien. Das Gutachten liege der Staatsanwaltschaft vor.