ABSTIMMUNG: Maurers «Plan B» bei Nein zum Gripen

Auch nach einem Volks-Nein zum Gripen-Fonds am 18. Mai kommt der Gripen wohl in die Schweiz. Ueli Maurer hat nämlich mit seinem Rüstungsprogramm 2014 vorgesorgt.

Niklaus Ramseyer
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Ein Modell des Gripen-Flugzeugs. (Bild: Keystone)

Ein Modell des Gripen-Flugzeugs. (Bild: Keystone)

«Es ist nicht zulässig, jetzt Alternativplanungen zu machen, ohne den Entscheid der Bevölkerung abzuwarten», gab Verteidigungsminister Ueli Maurer der «Zentralschweiz am Sonntag» am letzten Wochenende zu Protokoll. Und alle untergebenen Stellen in seinem Departement – von der Armasuisse über die Luftwaffe bis zu Maurers Generalsekretariat – bestätigen auf Anfrage unisono: Für den Fall eines Neins zur Kampfjetvorlage am 18. Mai gebe es «keinen Plan B».

F-5 Tiger fallen ab Mitte 2016 weg

Wäre es so, dann wäre dies nicht nur erstaunlich, sondern auch unverantwortlich. Maurer beteuert öffentlich nämlich auch: «Mit nur 32 F/A-18» könne er die Sicherheit der Schweiz «nicht mehr garantieren». Genau das könnte indes ab 2016 eintreffen. Mit seiner «Vorlage B» zum Rüstungsprogramm 2014 (RP 14), das er letzten Freitag vorstellte, verlangt der SVP-Mann im Bundesrat nämlich: «Die Ausserdienststellung der F-5-Tiger-Flotte», das sind 54 Abfangjäger, solle «bis Mitte 2016 abgeschlossen sein». Mehr noch: «Der Flugbetrieb der F-5 Tiger wird auch dann eingestellt, wenn die Beschaffung der Gripen E an der Volksabstimmung vom 18. Mai 2014 scheitern sollte», steht wörtlich unter Artikel 6.1.4. in dem Beschluss, der im Herbst vors Parlament kommt.

Doch Maurer hat gut vorgesorgt: «Die Einsatzbereitschaft der Schweizer Luftwaffe ab 2016» werde nicht nur «einerseits mit der F/A-18-Flotte» und «andererseits mit den beantragten 22 Gripen E» sichergestellt, präzisiert derselbe Artikel im RP 14. Sondern auch «mit der Überbrückungslösung Gripen C/D (acht Gripen C und drei Gripen D)».

Miete von Kauf getrennt

Die Überbrückungslösung ist nicht Gegenstand der Abstimmung vom 18. Mai: Da geht es nur um die Finanzierung der 22 Gripen E über einen sogenannten «Gripen-Fonds». Und wenn der an der Urne durchfällt, können Bundesrat und Parlament dann einfach nur die 22 Gripen E aus dem Rüstungsprogramm 2014 streichen – und die 11 Miet-Gripen C/D wären beschlossene Sache. Faktisch läuft somit die Abstimmung vom 18. Mai auf eine Wahl zwischen Kauf und Miete hinaus. «Ja» bedeutet Kauf von 22 Gripen E. «Nein» bedeutet Miete von vorerst 11 Gripen C/D (D steht für Doppelsitzer).

Die Details dieser «Ausleihe» von elf schwedischen Kampfjets wurden schon am 24. August 2012 in einer Gripen-Rahmenvereinbarung zwischen Schweden und der Schweiz geregelt. Und auch da sind die beiden Varianten Kauf und Leasing voneinander getrennt: «Die Finanzierung der Überbrückungslösung Gripen C/D erfolgt losgelöst vom Beschaffungskredit für den schweizerischen Gripen E», steht darin wörtlich. Und: «Das Schweizer Leasing von elf Gripen C/D von Schweden wird mit einem separaten Vertrag zwischen den Parteien geregelt.»

Gespräch bei Besuch aus Schweden

Die Rahmenvereinbarung hält zwar auch fest: «Die Unterzeichnung eines Beschaffungsvertrags für Gripen E» sei «Voraussetzung dafür», dass auch «der Vertrag für die Überbrückungslösung Gripen C/D» unterzeichnet werde. Doch das lässt sich schnell ändern. Nach einem Nein am 18. Mai müsste man die Situation sorgfältig neu analysieren, sagte Maurer bei der Präsentation seines RP-14 ausweichend. Wenn Schwedens Verteidigungsministerin Karin Enström ihrem Schweizer Amtskollegen heute Freitag wieder mal einen Besuch abstattet, wird die Mietvariante Gripen C/D als Notfallplanung für den 18. Mai jedenfalls bestimmt ein Thema sein.

Rüstungspolitiker, die sich intensiv mit dem Kampfjethandel beschäftigt haben, sich bis zum 18. Mai nun aber nicht mehr öffentlich äussern wollen, bestätigen derweil inoffiziell: Die länger dauernde und eventuell ausgebaute Mietvariante Gripen C/D sei nicht nur als Übergangslösung, sondern als «Plan B» für den Fall eines Volks-Neins zum Gripen-Fonds gedacht: Genau so werde das laufen.

Dem F/A-18 überlegen

Dies insbesondere, weil die Luftwaffen-Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Schweden inzwischen schon derart intensiv sei, dass ein Wechsel zu einem anderen Partner weder sinnvoll noch kurzfristig möglich wäre. Die ersten Schweizer Piloten sind jetzt schon in Schweden in Ausbildung auf dem Gripen D, wie das Schweizer Fernsehen SRF enthüllt hat. Auch die Kosten dieser Ersatzlösung sind bekannt: Mit der Liquidation der 54 F-5 spart Maurer ab 2016 jedes Jahr 48 Millionen Franken ein. Und die elf Miet-Gripen kosten jährlich 44 Millionen Franken. 4 Millionen bleiben also über.

Die elf Gripen C/D bekommt die Schweiz zudem in der neusten Konfiguration «MS 20». Im Vertrag steht auch: «Die Überbrückungslösung Gripen C/D soll für Luft-Luft-Einsätze der Schweizer Luftwaffe verwendet werden.» Es würden also keine Bomber gemietet. Doch als allwettertauglicher Abfangjäger wäre der Gripen C MS 20 sogar dem F/A-18 überlegen: Er wird nämlich mit derselben, weltweit modernsten europäischen Abstandswaffe «Meteor» ausgerüstet, die auch mit dem Gripen E zum Einsatz käme. Diese Rakete, um die sich inzwischen alle europäischen und sogar auch die US-Luftwaffe für ihre neusten Kampfjets bemühen, ist den älteren Lenkwaffen des F/A-18 klar überlegen. Ein Untergebener Maurers bestätigt immerhin dies: «Das sagen wir ja schon lange.»